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Moorburg: EU-Kommission verklagt Deutschland wegen Verstoß gegen Umweltschutzvorschrift

Fischtreppe am Wehr Geesthacht
Die Fischtreppe am Wehr Geesthacht sollte ein Ausgleich für Umweltbeeinträchtigungen durch das KoKW Moorburg sein. (Foto: Erdal Torun/wikimedia)
Da beißen Umweltschutzvorschriften dem Investitionsschutz in den Schwanz - oder anders: Was offenbar zuvor in einem internationalen Schiedsgerichtsverfahren möglich oder angeblich »erforderlich« war, steht im Fall Moorburg im Widerspruch zur FFH-Richtlinie: Wegen Missachtung europäischer Naturschutzvorgaben hat die EU-Kommission hat heute die Bundesrepublik Deutschland beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) angeklagt. Eine entsprechende Beschwerde des BUND im Jahre 2010 ist damit bestätigt.

Die Kommission hält es nach fast fünfjähriger Prüfung offenbar für erwiesen, dass im Genehmigungsverfahren Moorburg eine Alternativenprüfung entsprechend der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie, Artikel 6, Abs. 4) unzulässigerweise umgangen worden ist, teilt Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des BUND Hamburg, mit. Eine solche Alternativenprüfung muss vorgenommen werden, wenn ein erheblicher Eingriff in europäische Schutzgüter vorliegt.

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Verstoß gegen Naturschutz: Deutschland droht EU-GH-Verfahren wegen Moorburg

Steinkohlekraftwerk Moorburg, von der Elbe aus gesehen
Steinkohlekraftwerk Moorburg, von der Elbe aus gesehen (Foto: San Andreas, wikimedia)
Kraftwerk Moorburg: EU-Kommission leitet 2. Stufe im
Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein


Es ist ein anachronistisches, fossiles Monster, es schleudert tonnenweise Schadstoffe und Klimagase in die Luft und es ist schon vor dem Anlaufen von Pannen geplagt: Das Steinkohlekraftwerk Moorburg. Äußerst fragwürdig ist insbesondere auch der Umgang mit dem Flusswasser und den darin lebenden Fischen. Diese sind akut bedroht, wenn das Kraftwerk mit Elbwasser gekühlt wird. Lachse, Fluss- und Meerneunaugen führt die Eu-Kommission an und wirft Deutschland vor, bei der Genehmigung der Kühlanlage nicht ausreichend auf den Schutz dieser Tierarten geachtet zu haben. Am 16. Oktober 2014 hat die EU-Kommission in einem bereits laufenden Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland einen weiteren entscheidenden Verfahrensschritt eingeleitet. Deutschland muss nun innerhalb von zwei Monaten die Kritikpunkte der Kommission ausräumen, ansonsten wird diese den Fall zur Entscheidung an den Europäischen Gerichtshof weiterleiten.

Nach einem dreijährigen formellen Prüfverfahren war die Kommission in einem ersten Schritt der Beschwerde des BUND Hamburg aus dem Jahr 2010 gefolgt und hatte Anfang 2014 Deutschland und damit Hamburg zu einer offiziellen Stellungnahme aufgefordert. Die Antworten der Stadt in dieser ersten Stufe des Vertragsverletzungsverfahren (Az.: INF 2013/4286) haben die Kommission offenbar nicht überzeugt.

Diese kritisiert nun erneut, dass im Genehmigungsverfahren eine Alternativenprüfung entsprechend der FFH-Richtlinie (Artikel 6 Abs. 4) unzulässig umgegangen worden sei. Eine solche muss vorgenommen werden, wenn ein erheblicher Eingriff in europäische Schutzgüter vorliegt. Durch die Anerkennung einer neuen Fischtreppe am Wehr Geesthacht als „Schadensbegrenzungsmaßnahme“ bilanzierten die Planer aber nur eine marginale Schädigung der Fischfauna durch die Kühlwasserentnahme. Tatsächlich wird die Fischfauna am Kraftwerk aber erheblich geschädigt. Eine Alternative wie etwa der inzwischen für den nur zeitweisen Einsatz gebaute Kühlturm, hätte somit von vornherein im Planverfahren berücksichtigt werden müssen. Dies hätte aller Voraussicht nach dazu geführt, dass die Kühlung mit Elbwasser, unter Beachtung des geltenden Umweltrechts, grundsätzlich ausgeschlossen worden wäre.

„Wir sehen uns durch diesen Schritt der Europäischen Kommission bestätigt - das ist ein Hoffnungsschimmer für den Schutz der Tideelbe. Vattenfall und die Stadt Hamburg haben versucht, mit einem Verfahrenstrick die problematische Kühlung des Kraftwerkes mit Elbwasser durchzusetzen. Dem wird nun hoffentlich ein Riegel vorgeschoben. Gleichzeitig wäre dies ein wichtiges Signal für weitere Verfahren in ganz Deutschland“, so Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des BUND Hamburg.

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Freie Fahrt für neue Kohlekraftwerke?

Braunkohlekraftwerk Niederaußem, Foto: Heliostream
Braunkohlekraftwerk Niederaußem bei Köln (Foto: Heliosteam
28.06.2012 | Der Vermittlungsausschuss im Deutschen Bundestag hat gestern überraschend einen Beschlussvorschlag zum umstrittenen CCS-Gesetz vorgelegt. Demnach soll die noch nicht abschließend erforschte, mit großen Risiken behaftete Technologie der unterirdischen Kohlendioxidverpressung in Deutschland erlaubt werden. Nicht zu wissen, wohin mit dem Treibhausgas CO2, ist bislang der Hemmschuh für den Bau neuer Kohlekraftwerke wie z.B. in Moorburg.

Als »Geschenk an die Kohleindustrie« bezeichnet daher unter anderem Greenpeace den Vorstoß, das CCS-Gesetz nun in Kraft zu setzen, und schreibt: »Hintergrund der Einigung zum CCS-Gesetz ist der Wunsch der Kohleindustrie, Fördergelder aus dem EU-Kraftwerksförderprogramm zu erhalten. Voraussetzung dafür ist ein nationales CCS-Gesetz.«

Scharfe Kritik kommt auch vom Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU). Nach dessen Auffassung ist die Gefährdung der Bevölkerung und der Umwelt durch die unterirdische Endlagerung von CO2 mittels der CCS-Technologie (Carbon Capture and Storage) absolut nicht zu verantworten.

Der BBU ruft die Bundesländer auf, ihren Spielraum gegen die Einführung der CCS-Technologie zu nutzen. Laut CCS-Gesetz soll den Bundesländern gestattet werden, die CO2-Endlagerung auf ihrem Gebiet zu unterbinden, auch wenn sie auf der Bundesebene erlaubt ist. Schleswig-Holstein und Niedersachsen haben schon längst signalisiert, dass sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen werden, während Hamburg zu den Befürwortern gehört und die Gesetzgebung aktiv, ungeacht der Warnungen von Wissenschaftlern und des Bürgerprotestes, vorantreibt:

Mit dem CCS-Gesetz wird die von der EU geforderte, rechtliche Grundlage für die Abscheidung und Speicherung von CO2 geschaffen (CCS steht für „Carbon Dioxide Capture and Storage“). Damit wendet Deutschland nicht nur ein Vertragsverletzungsverfahren der EU ab, sondern schafft auch die Voraussetzung, dass die CCS-Technologie in einem genau abgesteckten Rahmen weiter erprobt werden kann. Die CCS-Technik kann dabei helfen, die nationalen Ziele zur Verminderung der CO2-Emission und zur Begrenzung des globalen Klimawandels zu erreichen. Das Augenmerk liegt dabei sowohl auf dem Einsatz von CCS im industriellen Bereich, beispielsweise in der Grundstoffindustrie, als auch beim Einsatz von CCS-Technologie in Großkraftwerken. Da sich die CCS-Technologie noch im Entwicklungsstadium befindet, ist eine intensive Prüfung der wirtschaftlichen und technischen Machbarkeit sowie der Unbedenklichkeit für die menschliche Gesundheit und die Umwelt erforderlich. Bei der Erkundung des Untergrundes, der Erprobung und Demonstration der CCS-Technologien muss daher die Sicherheit der Bevölkerung oberste Priorität haben. Der im Vermittlungsausschuss gefundene Kompromiss beinhaltet zwei wesentliche Punkte: Zum einen wurden die Mengenbegrenzungen für Speichermengen deutlich reduziert. Waren bisher 3 Mio. t CO2 pro CO2-Speicher vorgesehen und 8 Mio. t für das gesamte Bundesgebiet, so sind es jetzt nur noch 1,3 Mio. t und 4 Mio. t. Das vorliegende Gesetz setzt damit den von Hamburg geforderten klaren Rahmen für die Demonstration und Anwendung der Abscheidungs- und Transporttechnologien sowie für die Demonstration der dauerhaften Speicherung in wenigen kleineren bis mittleren Kohlendioxidspeichern.
Kleiner Ausschnitt aus der Pflichtmitteilung der Hamburger Landesregierung v. 28.06.2012

Ein derartiges CCS-Gesetz wird dem Bau neuer Kohlekraftwerke Vorschub leisten und den Ausbau der erneuerbaren Energiequellen erschweren. Auch der BBU befürchtet, »dass die CCS-Technologie eine überholte Energiepolitik mit zentralen Großkraftwerken zementieren und die klimaschädliche Kohlenutzung verlängern soll. Die nötigen Investitionen für einen grundsätzlichen Systemwechsel zu einer dezentralen, rekommunalisierten und regenerativ ausgerichteten Energieversorgung auf der Basis von intelligenten Netzen und Speicherungen werden behindert. Mit CCS wird ein unnötiges neues Gefahrenpotential aufgebaut. Die geplante Einführung der CCS-Technologie ist energiepolitisch und klimapolitisch verfehlt. Sie soll gegen den Willen der Bevölkerung durchgesetzt werden. Vom CCS-Gesetz werden lediglich die großen Energiekonzerne profitieren.«

Der besorgte Bürger an sich denkt über CCS ganz anders als zum Beispiel die Hamburger Regierung oder der Vermittlungsausschuss, wie Peter Müller-Maas im Dialog über Deutschland zeigt:
»CCS ist nicht ausprobierbar, weil die Verpressung von CO2 in ca. 1800 m Tiefe bewirkt, dass der Boden nie wieder davon befreit werden kann. Ein Ausprobieren setzt voraus, dass immer auch eine Rückwicklung möglich sein muss.

Wünschbar wäre, wenn alle in Richtung Energievermeidung umdenken würden, die kleinen Leute natürlich auch, die großen Leute erstrecht. Die Klimaziele wären allemal schnell zu erreichen, wenn eine gesetzlich Vorgabe zur Umstellung der Energietarife greifen würde: Der, der wenig verbraucht, hat den günstigsten, der, der viel verbraucht, hat den ungünstigsten Tarif. Derzeit ist es überall genau umgekehrt. Wenn Sie, Frau Bundeskanzlerin, für eine solche Reglung nicht die erforderliche Durchsetzungsmöglichkeit haben, würden wir keine Mühe scheuen, Ihnen beiszustehen.«

Am 29. Juni 2012 um 11 Uhr steht der Gesetzentwurf im Bundestag zur Debatte. Die Anti-Atom-Piraten haben in Windeseile eine einfache Möglichkeit geschaffen, mit der jede und jeder ihren/seinen Bundestagsabgeordneten jetzt sofort mit zwei Mausklicks seine Besorgnis und ihre/seine Ablehnung mitteilen kann:

Um Gefahren abzuwehren und um nachfolgenden Generationen möglichst viele Optionen zur Treibhausgasminderung offen zu halten, erscheint deshalb ein Verzicht auf Kohle-CCS im Sinne der Nachhaltigkeit geboten.

>>> Schreiben Sie Ihren Abgeordneten JETZT, dass Sie nicht mit dem geplanten CCS-Gesetz einverstanden sind! <<<



Vortrag informiert über CCS-Technik

Geplante mögliche Lagerstätten für verpresstes CO2 unter Hamburg
Geplante mögliche Lagerstätten für verpresstes CO2 unter Hamburg
Kohlendioxid, das »Treibhausgas«, das das Weltklima immer weiter verschlechtert, fällt in großen Mengen bei Verbrennung an. Sein Entweichen in die Atmosphäre muss dringend verringert werden. Fortschrittsgläubige Technokraten wollen das Gas unter großem Druck verdichten und unterirdisch endlagern. Zum Beispiel in alten Salzstöcken, zum Beispiel unter Wedel, Billstedt und Hoopte. Doch die Methode birgt große Gefahren, die bis heute nicht kontrollierbar sind. Mit der Aussicht auf Megamengen CO2, die anfallen werden, wenn Moorburg etwa 2014 anfängt, Kohle zu verbrennen, wächst auch das Verlangen, genauer Bescheid zu wissen über die nächste gefährliche Umwelttechnologie. Wie gefährlich ist sie und warum?

Die Piratenpartei Hamburg hat Dr. Reinhard Knof, den stellvertretenden Vorsitzenden der Initiative gegen das CO2-Endlager in Schleswig-Holstein – Stoppt das CO2-Endlager –, für einen Vortrag über die gefährliche Endlagertechnik gewinnen können. Der Vortrag ist kostenlos und findet statt am 20. Juni 2012 im Hamburger Schanzenviertel.

Mehr Details sind hier: Website der Piratenpartei Hamburg