Artikel mit Tag trinkwasser

Bergedorfer Bezirksversammlung entschlossen gegen Fracking

Mit einstimmigem Votum aller Fraktionen und geschlossener Enthaltung der SPD-Fraktion hat sich die Bezirksversammlung Bergedorf bei ihrer letzten Sitzung gegen Fracking zur Aufsuchung und Förderung von Erdöl und Erdgas ausgesprochen. Die BV unterstützt damit die Korbacher Resolution gegen Fracking (resolution-korbach.org), eine von Bürgerinitiativen initiierte Erklärung, die von inzwischen fast 300 Organisationen, Landkreisen und Kommunen unterstützt wird. Neben dem Frackingverbot wird ein Importverbot von gefracktem Öl und Gas sowie eine konsequente Umsetzung der Energiewende gefordert.

Der grüne Bezirksabgeordnete Norbert Fleige begründete den Antrag seiner Fraktion: »Die Erdgas- und Erdölförderung mittels Fracking ist ökologisch höchst problematisch und gefährdet die Trinkwasserversorgung. Nach den Erkundungsarbeiten in den Vier- und Marschlanden ist die Gefahr näher gerückt, dass diese unverantwortbare Technologie hier vor Ort zum Einsatz kommt. Deshalb freuen wir uns, dass wir mit unserem Antrag erfolgreich waren. Mit dem Beschluss, die Korbacher Resolution zu unterstützen, bezieht die Bezirksversammlung klar Position und mischt sich in die öffentliche Debatte ein.«

Verwaltung muss sich fragen lassen: Ist diese Sondermüllverklappung auf Hamburger Stadtgebiet zulässig?

Einpressbohrung Groß-Hamburg 2 in Sinstorf
GH2 vom Nachbarn aus gesehen. Unter dem Edelstahlkasten verbirgt sich der Bohrlochskopf.
»Die Bohrung Groß-Hamburg 2 wird noch als Einpressbohrung betrieben.« Aufgrund dieser Information aus dem Landesbergamt (LBEG) wurden Umweltschützer im vergangenen Monat auf eine bisher unbekannte Praxis bei Bergbehörden und Öl-/Gaskonzernen in Deutschland aufmerksam. Denn besagte Bohrung Groß-Hamburg 2 (GH2) liegt mitten in einem Wohngebiet - in Sinstorf in der Freien und Hansestadt Hamburg. Bekannte Ein- oder Verpressbohrungen waren bisher nur außerhalb von Ortschaften bekannt.

Das der GH2 nächstgelegene Haus steht in 35 Metern Entfernung, der erste von mehreren Dauerkleingärten gegenüber liegt etwa genauso dicht an der Bohrung. Erstaunt stellten die Aktivisten dann auch noch fest, das auf der gegenüberliegenden Straßenseite, in ca. 50 Metern Entfernung, just in diesem Moment der B-Plan für ein Neubaugebiet heranreift. Hier soll Lebensraum für Familien geschaffen werden, damit sie nicht ins Umland ziehen müssen.

Lageplan der GH2 in Sinstorf
Lage der GH2 in Sinstorf
Auf Grund der schon bekannten Probleme mit solchen Bohrungen, in die die flüssigen, teils hochgiftigen Abfälle aus der Erdöl- und Erdgasproduktion (sog. Lagerstättenwasser) »entsorgt« werden, regten die Entdecker dieser erstaunlichen Konstellation - Sondermüllverklappstelle zwischen Kräutergarten und Hollywoodschaukel - zwei parlamentarische Anfragen durch Abgeordnete an. Sie wollen insbesondere wissen, wie die Einpressbohrung GH2 in derartiger Nähe zu Wohn- und Gartenarealen mit dem geltenden Recht vereinbar ist. Darüber hinaus soll die Verwaltung sagen, wie sie für die Sicherheit des Rohrnetzes sorgt, das weiträumig unter dem Hamburger Vorort Sinstorf verläuft und in dem das Lagerstättenwasser zur GH2 transportiert wird.

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Hamburg immer mehr von Fracking-Feldern umzingelt

Erlaubnisfelder zur Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen rund um Hamburg (rot: Erlaubnisfelder; blau: Einzugsgebiete zur Trinkwassergewinnung)
Erlaubnisfelder zur Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen rund um Hamburg
(rot: Erlaubnisfelder; blau: Einzugsgebiete zur Trinkwassergewinnung)
Genauer Feldumriss Leezen ist noch nicht bekannt
Aufsuchungserlaubnis Leezen beantragt

Zunehmende Bedrohung der Trinkwasserressourcen


Im Nordosten von Hamburg ist ein weiteres Feld »zur Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen zu gewerblichen Zwecken« beantragt worden - das Feld Leezen. Dies berichteten die Lübecker Nachrichten am vergangenen Dienstag. Das norwegische Ein-Mann-Unternehmen Central Anglia SA möchte hier förderbares Erdöl bzw. Erdgas aufsuchen und natürlich auch gern finden. Das Erlaubnisfeld Leezen reicht laut der Zeitung von Malente und Plön im Norden bis nach Bad Oldesloe, Bargfeld-Stegen und Bargteheide in der südlichsten Ausdehnung, also bis an die nördliche Stadtgrenze von Hamburg heran.

Sollte die Erlaubnis Leezen erteilt werden, schließt sich der Kordon der Aufsuchungsgebiete um Hamburg weiter. Alle Erlaubnisfelder in und um Hamburg - die bereits erteilten wie auch das beantragte Feld Leezen - überdecken Grundwassereinzugsgebiete der Hamburger Wasserwerke (s. Karte). Die beantragte Erlaubnis Leezen berührt die Grundwassereinzugsgebiete der Wasserwerke Schnelsen, Langenhorn und Walddörfer unmittelbar. Genauso realistisch, wie davon auszugehen ist, dass die Unternehmen gefundenes Öl oder Gas auch mit Hilfe von Fracking fördern wollen, ist davon auszugehen, dass Hamburgs Grundwasservorräte von den Gefahren des Fracking bedroht sind.

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Oben pfui, unten pfui: Sondermüll in alte Bohrlöcher verklappen

Bohrlochskopf der Verpressbohrung Wittorf Z1 auf nicht-versiegeltem Boden.
Bohrlochskopf der Verpressbohrung Wittorf Z1 auf nicht-versiegeltem Boden.
Endlich kommt die unterirdische Sondermüllverklappung der Öl- und Gasbohrindustrie auf den Tisch! Der Arbeitskreis des Landkreises Rotenburg/Wümme hat am 11.12.2013 zum zweiten Mal getagt und laut einem Bericht in der Rotenburger Rundschau am nächsten Tag kam Ungeheuerliches ans Licht:
»Aus unserer Sicht ist die aktuelle Variante sicher und wäre nach wie vor die beste Lösung, weil man nicht so tief bohren muss und keine weiten Anfahrtswege hat.«, habe Dr. Nicolai Delling von RWE Dea in der Sitzung gesagt. Übersetzt heißt das, die Industrie hat bisher die billigste Variante der Entsorgung praktiziert, ohne sich einen Deut darum zu kümmern, welche Folgen akut und langfristig auftreten könnten und welchen Gefahren sie die Wasserversorgung der Bevölkerung aussetzen.

Die zuständige Bergbehörde (LBEG) hatte dies alles zugelassen. Ohne Umweltverträglichkeitsprüfung und ohne zu prüfen, ob wasser- und abfallrechtliche Erlaubnisse für eine derartige Sondermüllentsorgung erforderlich sind. Seit August 2011 sei das LBEG verpflichtet, zu prüfen, ob eine wasserrechtliche Erlaubnis für eine neue Verpressbohrung erforderlich sei, so antwortete 2012 der als Fachaufsicht zuständige Minister Bode auf die Frage des jetzigen Umweltministers Wenzel. Damit erweckte Bode den Anschein, es habe vorher keine wasser- und abfallrechtlichen Vorschriften gegeben, die bereits damals zu beachten waren.

Die damaligen Versäumnisse begründen Zweifel, ob die vor 2011 eingerichteten Versenkbohrungen und die Verklappung des Flowback aus Frac-Bohrungen und des giftigen Lagerstättenwassers überhaupt legal sind.

Das LBEG hatte zuletzt, auf Grund vermehrter kritischer Nachfrage und des wachsenden Drucks bis hin zu Strafanzeigen gegen die Verpresserei und wegen eingetretener Schäden eingeräumt, dass die Rückverpressung des mitgeförderten Lagerstättenwassers genau dorthin, wo es herkommt, eine bessere Variante wäre. Inzwischen, seit mindestens einem halben Jahr, heißt es auch von Seiten der Industrie, dass man diese Entsorgungsmethode vorbereite. Umgesetzt hat man sie aber noch nicht, die vermutlich illegale Verpresserei geht weiter wie gehabt.

Förder- und Verpressbohrungen im Landkreis Rotenburg/W. (Grafik: <a href="http://frack-loses-gasbohren.de/fracking-regional/">BI Frackloses Gasbohren</a>)
Förder- und Verpressbohrungen im Landkreis Rotenburg/W. (Grafik: BI Frackloses Gasbohren)
Allein im Landkreis Rotenburg/Wümme sind davon bekanntermaßen noch 5 Altbohrungen betroffen. Sie heißen, von West nach Ost, Sottrum Z1, Wittorf Z1, Söhlingen H1, Grauen H02 und Gilkenheide Z1. In ihnen sind mittlerweile Milliarden Liter flüssigen Sondermülls verklappt worden, nicht rückholbar, unkontrollierbar und sich unterirdisch ausbreitend, auch in Trinkwassergewinnungsgebiete wie die Rotenburger Rinne (die inzwischen stillgelegte, aber weiterhin genehmigte Verpressstelle Panzenberg liegt mitten in einem Trinkwasserschutzgebiet!), aber mit kleinstmöglichem Kostenaufwand der Industrie, für größtmöglichen Gewinn bei der Ausbeutung von Öl und Gas.

Möglicherweise sind bereits gesundheitsschädliche Folgen dieser fragwürdigen Praxis zu beklagen. In Wittorf, das in nur einem knappen Kilometer entfernt von der Verpressstelle Wittorf Z1 liegt, häufen sich die Krankheitsfälle. Krebs, Lungenerkrankungen, neurologische Krankheiten... »Jeder zweite ist hier krank!«, sagte ein Dorfbewohner. Von verdorbenem Brunnenwasser ist die Rede und von sprudelndem Wasser in Bächen, von toten Fischen, sagten die Wittorfer der Presse.

Die Verpressbohrung Wittorf Z1 ist seit 1995 als Sondermüll-Verklappstation in Betrieb. Die zugelassene Jahreshöchstmenge von 40 Tausend Kubikmetern Sondermüll ist mehrfach überschritten worden, nach Auskunft des LBEG 2011 um 2.681 m³ und im Jahr 2012 um 5.566 m³. Im Mai 2013 war es am Bohrlochskopf zu einem Vorfall gekommen, bei dem Giftmüll ins oberflächliche Erdreich gelangte.

Kritisch äußerte sich auch Dr. Matthias Bantz, Facharzt für Innere Krankheiten und Umweltmedizin in Rotenburg, in einem Leserbrief an die Rotenburger Rundschau zu den Ausführungen des o. g. Industrievertreters: »... man kann über diese bewusste Schönrednerei und Bagatellisierung der Risiken nur überrascht den Kopf schütteln. Es handelt sich um ein potenziell ernsthaftes gesundheitliches Problem für unsere Bevölkerung.«

Bohrlochplan Wittorf Z1 nach der Teilverfüllung (= Herrichtung zur Verpressbohrung)
Bohrlochplan Wittorf Z1 nach der Teilverfüllung (= Herrichtung zur Verpressbohrung)

Nicht nur flüssiger, sondern auch fester Giftmüll in der Altbohrung

Nachdem die kontinuierliche und, so muss vermutet werden, illegale Entsorgung von flüssigem Sondermüll aus der Öl- und Gasproduktion auf die billige Art nun endlich am Pranger steht, wird es auch Zeit, auf eine weitere fragwürdige Praxis hinzuweisen: Die Entsorgung von festem Sondermüll aus der Öl- und Gasproduktion beim Verfüllen von Altbohrungen.Der Sonderbetriebsplan zur Teilverfüllung der ehemaligen Förderbohrung Wittorf Z1 [PDF] und Umwidmung zu einer Verpressbohrung gibt eine erste Ahnung: Hier sind 1994 insgesamt etwa 7,5 Kubikmeter quecksilberhaltiges Material auf 1,5 Kilometern Länge verscharrt worden. Lt. Betriebsplan:
»Im Teufenbereich ca. 3800 m bis 2900 m sollen ca. 6,8 m³ Hg-haltige Rückstände aus dem Gasbetrieb Söhlingen eingebracht werden. Diese Abfälle wurden im Betrieb Söhlingen in 95 Stück 4 1/2" Steigrohren (ca. 870 m Länge) gesammelt. Im Teufenbereich 2400 m - 2300 m ... sollte ca. 1,7 m³ Hg-haltige Rückstände aus dem Gasbetrieb Hemsbünde eingebracht werden. Diese Rückstände wurden in 7" Casingen abgefüllt. Sowohl die 4 1/2" Steigrohre als auch die 7" Casinge wurden oben und unten mit Stahlplatten verschweißt.«

Dieses Ansinnen war vom Oberbergamt in Clausthal-Zellerfeld ohne Weiteres zugelassen worden und es ist davon auszugehen, dass der Plan auch so etwa umgesetzt wurde.

Kein Mensch weiß, in welchem Zustand sich die Behälter heute, nach 20 Jahren im warmen, feuchten Untergrund befinden. Auch weiß niemand, in welchem Zustand sich die Bohrung in jenem Bereich heute befindet und ob sich das Quecksilber inzwischen eigene Wege sucht. Hier ist noch viel zu bohren und Rechenschaft einzufordern.

NACHTRAG: Erst nach erneuter Nachfrage gab das LBEG eine weitere Unterlage heraus, die zum Zulassungsverfahren des Sonderbetriebsplans Wittorf Z1 gehört: Die Stellungnahme des NLfB (Niedersächsisches Landesamt für Bodenforschung) zum Änderungsantrag, mit dem RWE Dea die Erhöhung der jährlichen Verpressmenge von 20 auf 40.000 m³ jährlich sowie die zusätzliche Einleitung von "Reinigungswässern" und "verunreinigtem Oberflächenwasser" erreichen wollte.

Die Stellungnahme ist hier.

Grapenmühlen: Fragen und Antworten zur Giftwasserverklappung in der Bohrung Wittorf Z1

Verpressbohrung Wittorf Z1, ausgekoffertes Areal
Wittorf Z1: Ausgelaufende Giftbrühe (Ende Mai 2013) verstärkt die Zweifel an der Zulässigkeit der Verpressung von Abwässern aus der Gasförderung.
Die Verpressbohrung Wittorf Z1 bei Grapenmühlen, Stadt Visselhövede, Landkreis Rotenburg/Wümme, ist eine der prominentesten der rund 40 Bohrungen, in denen die Gas- und Ölindustrie ihre giftigen Abwässer verklappt. Der letzte gravierende »Zwischenfall« an dieser Bohrung Ende Mai des Jahres hat die Öffentlichkeit erneut aufgeschreckt.

Viele Fragen zu Wittorf im Speziellen und zur Entsorgungspraxis im Allgemeinen wurden daraufhin gestellt und früher oder später auch beantwortet. Dass das zuständige Landesbergamt die Entsorgung von giftigem Lagerstättenwasser aus der Erdgasförderung ins Erdreich neu bewerten will und dass die technisch durchaus mögliche Reinigung des Abwassers nicht Stand der Technik sei, fand Johannes Heeg von der Wümme-Zeitung heraus. Jürgen Schulz vom Sprecherrat der Initiative »Kein Fracking in der Heide« ermittelte unter anderem das Ausmaß der Verpresserei in Wittorf Z1.

Frühere Produktionsbohrung für Erdgas, jetzt Verpressstelle für Abwässer aus der Gasproduktion: Wittorf Z1 (Quelle: LBEG)
Frühere Produktionsbohrung für Erdgas, jetzt Verpressstelle für Abwässer aus der Gasproduktion: Wittorf Z1 (Quelle: LBEG)
Von 667.468 Kubikmetern verpressten Abwassers ist da die Rede, das bis Ende 2012 in dieser Bohrung verklappt wurde. Ein Ende der Verpressung oder eine Höchstmenge sei nicht festgelegt, berichtet Schulz. Derek Mösche, Pressesprecher der Betreiberin RWE Dea, teilte am 13. Mai 2013 mit: »Kumulativ sind durch die Wittorf Z1 bis zum 31.03.2013 672.422,6 m³ Lagerstättenwasser in den Kalkarenit eingebracht worden.« Bei diesen Größenordnungen spielt es keine Rolle, wenn das LBEG einen etwas älteren Stand kommuniziert.

Wo das LBEG aber gar nicht auf Stand ist, ist die jährlich zugelassene Verpressmenge. Dazu berichtet Mösche, ebenfalls am 13.05.2013: »Das jährlich zugelassene Einpressvolumen von 40.000 m³ wurde am 22.01.2002 nach Prüfung gem. §§55 und 56 des Bundesberggesetzes - BBergG und unter Beteiligung des Niedersächsischen Landesamtes für Bodenforschung (NLfB) mit dem Aktenzeichen 30/01/II-Prie-6145 B Erdgas als Sonderbetriebsplan durch das LBEG zugelassen. Die Erfassung der Versenkmengen erfolgt über eine Betriebsmessung, die täglich protokolliert und in einen Tagesbericht (IBIS) übertragen wird. Außerdem finden Befahrungen durch die Aufsichtsbehörde LBEG statt. Die DNV Zertifizierungs und Umweltgutachter GmbH hat im Rahmen eines externen Audits außerdem bescheinigt, dass die internationalen Standards OHSAS 18001, DIN EN ISO 14001 und DIN EN ISO 9001 eingehalten werden.«

Betrachtet man die Mengen, die in den Jahren 2011 und 2012 laut LBEG in Wittorf verklappt wurden, dann möchte man gleich nachfragen, wie verbindlich die festgeschriebene Maximalmenge von 40.000 m³/Jahr gemeint ist, denn in beiden Jahren wurde diese Menge um mehrere Tausend Kubikmeter überschritten.

Im Lichte dieser Ungenauigkeit sind andere Aussagen und Zusicherungen von Betreibern und Behörden alles andere als vertrauenerweckend. »Wie aus geologischer und bergbaulicher Erkundung bekannt und durch unabhängige Gutachten bestätigt, sind die oberflächennahen Grundwasserleiter von den in einer Tiefe zwischen 1.000 und 1.500 Meter liegenden aufnehmenden Schichten durch mehrere hundert Meter mächtige Tertiäre Tone und Tonmergelschichten voneinander getrennt. Diese dichten und undurchlässigen Tonschichten bilden eine hydraulische Barriere, die einen Austausch von Wässern zwischen den Horizonten verhindert.« (Mösche, RWE Dea, 13.05.2013) Zwischen Verpresstiefe von knapp 1000 Metern und der Sohle des Trinkwassergewinnungsgebietes »Rotenburger Rinne« liegen grade mal rund 600 Meter Gestein, das von Störungen durchzogen ist und auch schon einige Male von Erdbeben geschüttelt wurde.

Äußerst besorgniserregend finden das Wasserversorger und Anwohner. Sie kennen die zwei Bohrungen Wittorf Z1, Ende der 1970er nahe einer Bruchzone und direkt im Quellgebiet des Grapenmühlenbachs abgeteuft, ganz genau. Die erste Bohrung war in erheblicher Tiefe fehlgeschlagen, wobei ein Teil des Bohrgestänges im Untergrund verbleiben musste. Die zweite, heute als Verpressstelle dienende Bohrung dicht daneben stieß in rund 2000 Metern Tiefe auf ein Solevorkommen: Die 80° C heiße Sole schoss unkontrolliert aus dem Bohrloch heraus. Aufgrund des hohen Schwefelgehaltes im Untergrund war die Bohrmannschaft mit Schwefelschutzausrüstung ausgestattet, der Bohrmeister hatte einen gasdichten Container »und machte sich große Sorgen wegen eines möglichen Schwefelgasausbruches«, wie ein Zeitzeuge berichtete.

Diese Bohrung war aber nur wenige Monate produktiv. Ein neuer Bohrturm wurde errichtet und es wurde weitergebohrt, dann auch in horizontaler Ablenkung in südlicher Richtung. In dieser Horizontalbohrung wurde gefrackt, »mit frisch aus USA importierten Pumpen, die über 1000 bar erreichen konnten. Der Frackingvorgang, dem man heute kritisch gegenübersteht, war damals nur imponierend.«, wie ein Anwohner berichtet. Wann die Erdgasproduktion hier aufhörte, ist nicht bekannt. 1994, als mehr Raum für die unterirdische Verklappung der flüssigen Abfälle aus der wachsenden Gasförderung benötigt wurde, wurde Wittorf Z1 teilverfüllt und 1995 zur Versenkbohrung umgewidmet. Die bisher verpresste Menge ist nun bekannt; unbekannt ist das Verhalten der Brühe im Untergrund - eine Zeitbombe, wie viele fürchten. In den Bächen in und um Wittorf blubbert es derweil, Ursache unbekannt.


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»Gemeinschädliche Einwirkungen sind nicht zu erwarten«

Hamburger Rathaus, verzerrt
Hamburger Rathaus, verzerrt (n. e. Foto vom Honigschlecker)
Hamburg, 23. August 2013 | »Mit uns soll es kein Fracking in Hamburg geben«, lautet die Botschaft, die Umweltsenatorin Jutta Blankau, SPD, gestern erneut bekräftigte. In der Senatsbefragung, die der Umweltausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft gestern zum Thema »Fracking in Hamburg« durchgeführt hat, erläuterte sie geduldig ein weiteres Mal, dass mit der Aufsuchungserlaubnis Vierlande lediglich die Auswertung von Daten erlaubt sei. »Die Erlaubnis konnte nicht versagt werden, weil eine Datenanalyse keine Schäden verursachen kann.«, folgerte Blankau und zeigte damit gravierende Kenntnislücken der herrschenden Rechtslage.

»Es wird auf Hamburger Boden kein Fracking geben.«, setzte sie dem Protest entgegen, der auch in Hamburg wächst. Etwaige umwelt- und trinkwasserbezogene Bedenken würden dann später im bergrechtlichen Genehmigungsverfahren betrachtet, ließ Blankau ihren bergrechtlichen Berater Klaus Söntgerath ausführen. Seien gemeinschädliche Auswirkungen zu erwarten, dann werde der beantragte Betriebplan nicht zugelassen, sagte Söntgerath.

Auch Dr. Günner als Vertreter der Hamburger Wasserwerke (HWW) hatte beruhigende Worte für die Ohren der Abgeordneten. Er präsentierte die Position der HWW zum Fracking vor Ort: Fracking auf Hamburger Staatsgebiet wird aus Gewässerschutzgründen in Trinkwasserschutz- und Trinkwassereinzugsgebieten abgelehnt. Für den Einsatz der Technik Fracking stünden in Deutschland außerhalb von Gebieten zur Trinkwassergewinnung geeignete Regionen zur Verfügung, sagte Günner. Er projezierte eine Karte der Metropolregion Hamburg, auf der diese Gebiete sowie schon erteilte Aufsuchungsfelder aufgetragen waren: Die Schutz- und Aufsuchungsgebiete überlappen sich großflächig, die Unmöglichkeit, dort zu fracken, ist augenscheinlich. Wäre auf der Karte nicht das Aufsuchungsgebiet Schwarzenbek vergessen worden, wäre die Botschaft noch deutlicher gewesen: Dort befindet sich der überwiegende Teil des Einzugsgebietes des Wasserwerks Curslack, das über 20 Prozent des Hamburger Trinkwassers liefert.

Die Abgeordneten hatten viele Fragen, waren aber auch nach der Expertenanhörung vom 08.08.2013 (Wortprotokoll [PDF]) noch nicht ausreichend firm und vom exotischen Bergrecht überfordert und erkannten die Tragweite der schon gefällten Entscheidungen offenbar nicht. Sie schienen auf den Schein von Sicherheit hereinzufallen, den die Senatsvertreter ihnen suggerierten und stellten viele Fragen nach kritischen Punkten nicht oder nur zaghaft, ohne nachzuhaken, obwohl Fachleute aus der Bürgerinitiative FrackingFreies Hamburg ihnen einen ganzen Katalog kritischer Fragen zur Verfügung gestellt hatten.

So unterblieb beispielsweise die Klärung der Frage, warum die nach weitgehend einhelliger Auffassung namhafter Juristen zwingend notwendige Prüfung der Versagensgründe gem. § 11 Nr. 10 - Versagungsgründe aus öffentlichen Interesse bei der Erteilung der Aufsuchungserlaubnis unterblieben ist und ob die Aufsuchungserlaubnis damit rechtswidrig erteilt worden sei. Bemerkenswert waren die Erklärungsversuche der Spezialisten in Blankaus Stab, dem schon erwähnten Klaus Söntgerath vom Landesbergamt in Hannover und dem Juristen Andreas Richter aus der Wirtschaftsbehörde: Die naturschutz- und gewässerschutzfachlichen Bedenken der BSU seien erst im Zulassungsverfahren für Betriebspläne zu berücksichtigen und zwar gemäß § 55 Nr. 1 bis 9 BBergG, und zwar insbesondere die Nr. 9: Die Zulassung des Betriebsplans ist zu erteilen, wenn »gemeinschädliche Einwirkungen der Aufsuchung oder Gewinnung nicht zu erwarten sind«. Die bekannten Gründe, diese Zulassung nicht zu erteilen, kämen dann zum Zuge, so die beiden Experten. Dass Exxon die Aufsuchung trotzdem beantragt hat, obwohl doch demnach klar sei, dass eine Aufsuchung oder Gewinnung faktisch ausgeschlossen sei, leuchtete den Abgeordneten nicht ein. Blankaus und Richters bestechende Antwort: Die Stellungnahme der BSU enthalte im Wesentlichen Risikohinweise. Der Firma sei das Risiko bekannt, wenn sie hier trotzdem investierten, dann sei das ihre Sache.

Die drei seit dem Frühjahr anhängigen Anträge zum Fracking wurden in dieser Sitzung nicht beschlossen. Die Linke. fordert einen Erkundungsstopp, die Grünen ein Fracking-Moratorium und die CDU will die Aufsuchungerlaubnis kritisch begleiten. Dr. Monika Schaal, SPD, machte zum Abschluss der Senatsbefragung den Vorschlag, daraus ein gemeinsames, fraktionsübergreifendes Petitum zu formulieren.

Unabhängig vom Umweltausschuss und schon drei Tage vor der Senatsbefragung hat Dennis Gladiator, CDU, die Frage nach der »Sachgerechten Prüfung des Versagungsgrundes des § 11 Nummer 10 des Bundesberggesetzes (BBergG)« mit einer Schriftlichen Kleinen Anfrage dem Senat gestellt. Die Antwort sollte binnen 7 Tagen vorgelegt werden.

Die um den Erhalt ihres Trinkwassers und ihrer intakten Umwelt besorgten Bürgerinnen und Bürger trauen dem trügerischen Frieden nicht. Unter dem Motto »Keine Stimme für Fracking« kündigen sie eine Demonstration in Rathausnähe am bundesweiten Anti-Fracking-Tag an.

Bis jetzt konnte kein deutscher Politiker den Bürgern versprechen, dass es in Deutschland nicht auch zu Zuständen kommen kann, wie sie aktuell in England herrschen. Davor haben die Menschen Angst:
Großbritannien: Fracking? Nein, danke! Ein Dorf geht gegen Regierungspläne auf die Barrikaden
[Text] [Mitschnitt]

Metropolregion Hamburg wird zum Gasland des Nordens

Gasschieberstation Reitbrook am Kiebitzdeich
Die Gasschieberstation Reitbrook am Kiebitzdeich sitzt auf der H-Gas-Leitung zwischen Lübeck und Rotterdam bzw. Berlin.
Das Gasbohrunternehmen PRD Energy GmbH hat die »Aufsuchungserlaubnis Schwarzenbek« erhalten.Das meldete am heutigen Donnerstag das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (MELUR) in seiner Funktion als schleswig-holsteinischen Oberste Bergbaubehörde. Das deutsche Unternehmen mit Sitz in einer Anwaltskanzlei in Berlin ist Tochter der kanadischen Firma PRD Energy und hat die Erlaubnis für 5 Jahre erhalten. »Bei der Aufsuchungserlaubnis handelt es sich lediglich um das Abstecken von Gebieten, um Konkurrenten auszuschließen. Es sind damit keinerlei Eingriffe in den Boden wie Bohrungen oder gar Frack-Maßnahmen erlaubt.«, erklärte das MELUR. Das Ministerium habe die Erlaubnis nicht verweigern können, heißt es in der Meldung weiter. Dass Umweltminister Habeck (Grüne) die Hände gebunden gewesen seien und er angeblich nicht anders entscheiden konnte, wird, auch wenn sie es nicht gelesen und verstanden haben, von seinen Parteikollegen mit dem Bergrecht begründet.

Bereits Mitte März wurden für sechs Aufsuchungsgebiete in Schleswig-Holstein Erlaubnisse erteilt. Womit die Öffentlichkeit vor Jahresfrist noch nicht rechnen konnte, weil sie konsequent aus solchen Entscheidungen über ihr Lebensumfeld ausgeschlossen wird, ist jetzt eingetreten: In fast ganz Norddeutschland sind die »Claims« abgesteckt und zumeist nordamerikanische Ölfirmen besitzen nun das Recht, hier Gas und Öl auszubeuten. Nicht nur in Schleswig-Holstein, auch in Hamburg und im nördlichen Niedersachsen färbt sich die Landkarte zusehends rot.

Die Bevölkerung quittiert das mit massivem Widerstand. Seit Monaten vergeht keine Woche, in der nicht mindestens eine »Fracking-Veranstaltung« stattfindet, zu der die Menschen zu Hunderten strömen, sich informieren und vernetzen. Und kein Monat vergeht, in dem die Menschen nicht mindestens eine anti-Fracking-Initiative gründen und das bundesweite Netzwerk verdichten, das unter der »Dachmarke« gegen-gasbohren besteht. Sie mischen sich in die Politik ein, stellen gut informierte Fragen, die manchen Politiker, Behörden- und Unternehmensvertreter ins Schwitzen bringen. Und sie gehen auf die Straße, um öffentlich aufmerksam zu machen auf die Bedrohung: Wo gefrackt wird, da ist das Trinkwasser unmittelbar in Gefahr! Auf die Hauptffrage hier kann es genau eine richtige Antwort geben: Was nützt die Ausbeutung von Gasreserven im dichten Gestein, wenn dadurch das Wasser aus dem Hahn nicht mehr trinkbar ist, nicht einmal mehr zum Bewässern des Gartens taugt? Nichts!

Für die Gasbohrfirmen und für Gemeinden, die auf schnellen Profit und auf Sanierung ihres maroden Haushalts aus sind, scheint das Gasbohren attraktiv - und natürlich auch für Hersteller von Trinkwasser in Flaschen...

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