»850 Jahre Bergedorf«: Die Ausstellung kommt pünktlich

Stefan George (li.) u. Bardo Metzger betrachten Exponate für die 850-Jahr-Ausstellung
Stefan George (li.) u. Bardo Metzger betrachten Exponate für die 850-Jahr-Ausstellung
19.05.12 | Noch wird im Bergedorfer Schloss, genauer gesagt: Im Museum für Bergedorf und die Vierlande, gesägt, gehämmert, geschraubt und gebaut. Die große Sonderausstellung »850 Jahre Bergedorf« steht, die Exponate sind ausgewählt, die didaktische Struktur ist längst fertig, jetzt geht es an die Möblierung der Ausstellung zur Präsentation der Stücke, von denen jedes ein bisschen aus der bewegten Geschichte der Stadt berichtet. »Es liegt noch eine Menge Arbeit vor uns, weniger inhaltlich als vielmehr bezüglich des Aufbaus der Ausstellung.«, sagt Bardo Metzger, Kurator der Ausstellung, dem in diesen Tagen das ganze Team von Museumsleiter Dr. Olaf Matthes und eine Reihe von Ehrenamtlichen beim Aufbau helfen.

Dass diese Ausstellung unter erschwerten Bedingungen entstanden sein wird, kann man ihr eventuell ansehen, wenn sie planmäßig ab 30. Mai 2012 geöffnet hat. Möglich war sie überhaupt erst dank der Sondermittel aus dem Bezirk und der Zusage der Freunde des Museums, Gelder für die Ausstellung beizusteuern. Trotz frühzeitiger Anmeldung des Projekts hatte es bis Ende November 2011 gedauert, bis die Zusage von Geldern aus dem Ausstellungsfonds der Stiftung Historische Museen kam. Erst ein halbes Jahr vor Ausstellungseröffnung hatte Metzger, der schon im Mai 2011 eingewilligt hatte, die Ausstellung zu kuratieren, endgültige Planungssicherheit. »Dass man so in Zukunft nicht mehr arbeiten kann, dürfte jedem klar sein. An ins Detail gehende Forschungen zu einzelnen Themen der Ausstellung ist bei einer solchen Zeitplanung nicht zu denken. Eine längere Planungszeit, in welcher man mit sicher zugesagten Mitteln hätte planen können, wäre wünschenswert gewesen.«, bedauert Metzger, der sich nicht hätte träumen lassen, dass es wirklich so schwierig werden würde.

Jetzt neigt sich das Projekt »Sonderausstellung zur 850-jährigen Geschichte Bergedorfs« der Finalisierung zu und der Ausstellungsflyer ist auch schon seit ein paar Tagen fertig (den Flyer herunterladen [PDF, ca. 1 MB]).

Hier beschreibt Bardo Metzger, wie er die Mammutaufgabe, auch in Anbetracht des enormen Zeitdrucks, anging:

[1315] Reitersiegel des herzogs Erich I. von Sachsen-Lauenburg
[1315] Reitersiegel des herzogs Erich I. von Sachsen-Lauenburg

[1529] Amtssiegel der Schneider zu Bergedorf
[1529] Amtssiegel der Schneider zu Bergedorf
»Natürlich hätte man bei einem so allgemein gefassten Thema bzw. der riesigen Zeitspanne von 850 Jahren irgendein Teilstück herausgreifen können und es als Jubiläumsausstellung deklarieren können. Das wäre sicher auch nicht uninteressant ausgefallen. Allerdings dürfen wir hier nicht nur an uns Bergedorfer denken, sondern müssen im Hinterkopf behalten, dass dieses Jubiläum auch über Bergedorfs Grenzen hinweg wahrgenommen werden soll. Also muss in einer solchen Ausstellung eine möglichst große Bandbreite an Unterthemen abgedeckt werden, die sich über die 850 Jahre verteilt. Dass dies unter Umständen ein Ding der Unmöglichkeit, vor allem in Anbetracht des Zeitdrucks werden könnte, war mir schon schnell klar und dass es hinterher sicher zu Fragen kommt, warum man auf dieses oder jenes Thema verzichtet hat, liegt in der Natur der Sache und ich sehe es gar nicht tragisch. Im Gegenteil: Es zeigt mir einerseits, wie sehr sich die Bergedorfer engagieren und die Geschichte „mitleben“ und zeigt andererseits den Spielraum, den wir für weitere künftige Ausstellungen haben, bei welchen wir davon ausgehen können, dass auch das Interesse des Bergedorfer Publikums vorhanden ist. Man möge es mir also bitte nachsehen, dass ich für diese Ausstellung einen mehr oder weniger vollständigen Rundumschlag mache, ohne jedoch einen zweiten kulturhistorischen Rundgang präsentieren zu wollen. Einen gewissen Mut zur Lücke musste ich also an den Tag legen und deshalb hatte ich auch keine Skrupel, zwei schon mehr oder weniger fertige Ausstellungen aus meiner Schublade zu nehmen und für das große Projekt auszuschlachten, nämlich eine Ausstellung über Kartografie in Bergedorf und eine über Fotografie.

[1592] Der »Papagoi« der Bergedorfer Schützenkette
[1592] Der »Papagoi« der Bergedorfer Schützenkette
Damit sind wir auch schon bei den Inhalten. Keine Angst! Es geht nicht nur um Karten und Fotos.

Der erste Raum, also der große Saal im Erdgeschoss zeigt an den Wänden die chronologische Entwicklung Bergedorfs innerhalb der Zeitspanne von 1162 bis heute, festgemacht an markanten Daten. Hier werden die Bergedorfer natürlich auch die üblichen Verdächtigen finden, wobei sie in dieser geballten Form sicher schon lange nicht mehr präsentiert wurden. Wer also von außerhalb kommt, der wird an dieser Stelle Bergedorfs Geschichte recht gut kennen lernen können. Die Exponate in diesem Raum werden als eine Art Kaleidoskop präsentiert, stammen aus Bergedorfs Geschichte und erzählen teilweise ihre eigene, ohne direkten Bezug zu etwaigen Texten an den Wänden. Ich habe mich darum bemüht, auch Gegenstände aus unseren Magazinen auszusuchen, die noch nie oder zumindest selten innerhalb der letzten 15 Jahre ausgestellt waren. Auch wenn ich nun in diesem Jahre schon 15 Jahre hier im Schloss arbeite, gibt es immer noch Dinge, die ich selbst noch nie oder nicht oft in der Hand gehabt habe und auch einige, von denen keiner mehr weiß, wie sie in den Besitz des Museums gekommen sind. Vielleicht lüftet sich ja während der Dauer der Ausstellung noch das eine oder andere Geheimnis.

[1620] Eiserne Schatulle, vermutlich aus Nürnberg
[1620] Eiserne Schatulle, vermutlich aus Nürnberg
Nachdem der Besucher also nun im ersten Raum einen umfassenden Überblick bekommen hat, geht es in den nachfolgenden Räumen nun mit Themen weiter, die mehr ins Detail gehen. Der zweite Raum behandelt das Thema „Karten der Stadt“. Er setzt thematisch gewissermaßen dort an, wo die Vorstellungen von Bergedorf im ersten Raum mit den Urkunden der Stadt an ihre Grenzen geraten sind. Natürlich kann man sich anhand von Details aus den Urkunden auch vor dem geistigen Auge schon eine Vorstellung vom damaligen Bergedorf machen, aber doch sehr beschränkt. Viel mehr bieten da schon die Karten, die seit dem späten 16. Jahrhundert auch für Bergedorf existieren. Hier geht die Entwicklung von Lorichs Elbkarte und den Karten Hans Freses über die ersten wirklich exakten Vermessungen im 19. Jahrhundert und über den Falk-Plan, der seinen Siegeszug in die Welt antrat bis hin zu Google-Earth, welches uns gewissermaßen im digitalen Zeitalter ankommen lässt. Auch in diesem Raum wieder eine durchgängige Chronologie, auch wenn sie erst im 16. Jahrhundert anfängt. Gegenständliches Herzstück des Raums und damit auch haptisches Erlebnis für den Besucher wird eine Art Leuchtkasten werden, auf welchen dieser diverse Kartenfolien so übereinander legen kann, dass er Bergedorfs Entwicklung nachvollziehen kann.

[1668] Zunftbecher des Schiffers Jochim Pipenpalm
[1668] Zunftbecher des Schiffers Jochim Pipenpalm
[1699] Johann Adolf Hasse (Schmuckteller)
[1699] Johann Adolf Hasse, geboren in Bergedorf, verließ seine Heimatstadt schon früh, um nie wieder zurück zu kehren.
Der dritte und der vierte Raum bilden eine Einheit unter dem Thema „Bilder der Stadt“. Hier geht es, wie im zweiten Raum, natürlich auch um die Darstellung von Bergedorf durch die Jahrhunderte, jedoch anders als im zweiten Raum, bei welchem durch die Karten ein unmittelbarer Nutzen im Vordergrund stand. Hier geht es um die ersten bildlichen Darstellungen, die mehr einen künstlerischen und weniger einen praktischen Zweck hatten. Hier setzt verständlicherweise die Chronologie noch etwas später an, nämlich erst im 17. Jahrhundert.

Im dritten Raum werden die bildlichen Zeugnisse vor der Zeit der Fotografie präsentiert, im folgenden, vierten Raum dann die fotografischen Zeugnisse. Hier werden viele interessante Aufnahmen zu sehen sein, die wegen ihrer Fülle gewissermaßen als Collage dargestellt werden, wobei besonders interessante Details hervorgehoben werden. Das ganze verdichtet sich zum chronologischen Ende hin, was seinen Ausdruck in einem großen digitalen Bilderrahmen findet, auf welchem dann die Bilder der digitalen Ära zu finden sind, also auch die, des neuen CCB.

[1829] Brustschild der Bergedorfer Feuerwehr
[1829] Brustschild der Bergedorfer Feuerwehr
Der nachfolgende, fünfte Raum wird die vorherigen Chronologien nicht mehr aufgreifen. Unter dem derzeitigen Arbeitstitel „Bergedorfer Schatzkammer“ werden dort gewissermaßen ausgesuchte „Kronjuwelen“ der Sammlung gezeigt und so präsentiert, dass sie ihre Wirkung entfalten können. Da es sich hier auch um lichtempfindliche Exponate handelt, wird auch die Ausleuchtung und die Stimmung innerhalb des Raumes eine ganz besondere sein. Dies setzt sich in dem angrenzenden schmalen Flur fort, in welchem besonders herausragende Fotografien im Original präsentiert werden. Ein- und Ausgang des fünften Raumes werden durch eine Art Vorhang, der gleichzeitig Lichtschleuse ist, abgeschlossen.

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[1897] Jubiläumsmedaille des Bergedorfer Bürgervereins
Im sechsten und somit letzten Raum der Sonderausstellung geht es um „Menschen der Stadt“. Hier kann der Besucher herausragenden Persönlichkeiten bzw. deren lebensgroßen Abbildern begegnen. Auf beidseitig bedruckten Fahnen finden sich neben der bildlichen Darstellung der Personen auch ihre Lebensgeschichten. Sie stehen jedoch nicht bezugslos im Raum sondern korrespondieren größtenteils mit umfangreicheren Thementexten an den Wänden, die Schlagworte wie „Stadtentwicklung“, „Industrialisierung“ und „Migration“ aufgreifen. Diese Texte geben natürlich nur einen ganz groben Abriss. Zum Thema Migration arbeitet derzeit eine Projektgruppe aus Migranten und einer Profilklasse der Stadtteilschule Bergedorf unter der Regie von Gabriele Michels-Geisler von IN VIA Hamburg e.V. an kleinen Videobeiträgen zum Thema Migration und Integration. Den Kontakt hat dankenswerterweise der Integrationsbeauftragte des Bezirksamts, Herr Jorge Birkner, schon ganz früh hergestellt. Diese Beiträge sind dann auf einem Monitor zu sehen. Neben diesen Clips werden hier auch die Ergebnisse einer Mitmach-Aktion im Vorfeld der Ausstellung präsentiert.

[1972] Falk-Plan von Bergedorf und Vierlande
[1972] Falk-Plan von Bergedorf und Vierlande
digitale 850Ebenfalls Teil dieses Raumes wird ein Monitor sein, auf welchem das aktualisierte Bergedorfer Personenlexikon als Web-Seite einsehbar sein wird. Denkbar wäre an dieser Stelle auch eine Zusammenfassung aller Bergedorfs Jubiläum betreffenden links im Internet. Gerd Hoffmann vom Bergedorfer Bürgerverein hatte angeboten, die von ihm und Torsten Schirmer initiierte Seite www.bergedorf-chronik.de innerhalb der Ausstellung zu präsentieren. Dies werden wir gerne aufgreifen, da es die Ausstellung prima ergänzt. Die Website wird, so wie das Personenlexikon, auf einem Monitor abrufbar sein.«

[Fotos der Exponate: Museum für Bergedorf und die Vierlande]

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Sonderaustellung »850 Jahre Bergedorf«
Karten und Ansichten, Schätze und Menschen aus 850 Jahren Geschichte
30. Mai 2012 – 2. Juni 2013
Museum für Bergedorf und die Vierlande
Bergedorfer Schlossstraße 4

ww.bergedorfmuseum.de


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