Gut besuchte Vernissage im Heimatmuseum

Prof. Lisa Kosok bei der Eröffnungsrede zur Vernissage im Schlosshof
Prof. Lisa Kosok bei der Eröffnungsrede zur Vernissage im Schlosshof
Am letzten Mittwoch im Mai 2012 fand die Vernissage der neuen Dauerausstellung im Museum für Bergedorf und die Vierlande (MBV) statt. Im vollbesetzen Hof des Schlosses, unter dem Stoffdach, hatten sich über 100 Bergedorfer und Hamburger aus Kulturszene, Politik und weiteren interessierten Kreisen eingefunden, um die Ersten zu sein, die die Ausstellung sehen.

Groß war auch das Interesse, was die Redner zur Eröffnung sagen würden. Immerhin stehen eventuell größere Umbrüche ins Haus und auf der Rednerliste standen nur Personen, die an der Erörterung mehr oder weniger beteiligt sind: Prof. Dr. Lisa Kosok, Arne Dornquast, Dr. Olaf Matthes und Bardo Metzger. Das ließ auf neue Informationen in Sachen Herauslösung von MBV und Rieck-Haus aus der Museumsstiftung hoffen.

Den Anfang machte Frau Professor Elisabeth Kosok, Direktorin des Museums für Hamburgische Geschichte und damit eine zentrale Figur in der aktuellen Aufgabenstellung, die verbesserungsbedürftige Situation des MBV zu regeln. Kosok würdigte die »kollektive Anstrengung«, die das Ausstellungsprojekt zu Stande gebracht hat. Diese Anstrengung sei nötig in der heutigen Zeit, sagte sie, in der es den Museen in der SHMH schlecht geht. Ihre kurze Rede strahlte dennoch Zuversicht aus, auch bei dem Problem, das an den Bergedorfern nagt, nämlich wie es ab 2013 mit dem MBV weitergehen kann. LINK Ohne irgendwelche Details zu thematisieren, rief Kosok in Erinnerung, dass die Hamburger schon immer gern gegeben hätten und dass das selbstverständlich auch in diesem Fall gelte, natürlich in fairer Weise. Stichwort »geben«, Stichwort »Geburtstag«: Zum Geburtstag gibt es Geschenke und daher hatte auch Kosok ein Geschenk dabei, eine rot eingewickelte Kiste, die sie dem Bezirksamtsleiter Arne Dornquast stellvertretend für alle Bergedorfer geben wollte... allerdings nicht, ohne eine Replik loszuwerden, die sie offenbar schon länger mit sich herumtrug. Dazu erinnerte sie an einen Bericht im Hamburger Abendblatt über die Vorstellung des Herauslösungskonzeptes des MBV aus der SHMH, die Dornquast im Februar im Bergedorfer Kulturausschuss gegeben hatte. Das Abendblatt hatte Dornquast zitiert und dieses Zitat wiederholte Kosok nun: »Wir müssen eine Wagenburg bilden gegen die Indianer da draußen, die alle etwas von unserer Whisky-Ladung haben wollen, um damit selbst zu feiern.« Konsequenterweise enthielte das rot verpackte Geschenkkistlein eine Flasche Whiskey und das überreichte Kosok mit einem Lächeln.

Lisa Kosok überreichte eine Flasche Whiskey an Arne Dornquast
Lisa Kosok überreichte eine Flasche Whiskey an Arne Dornquast


Arne Dornquast bedankte sich mit einem Lächeln und der obligaten Anmerkung coram publico, dass er als Mann der Verwaltung keine Geschenke annehmen dürfe... aber er könne ja mal eine Ausnahme machen. Das Publikum quittierte das mit freundlichem Gelächter und wurde aber gleich mucksmäuschenstill, als Dornquast zu reden begann. Auch er dankte zunächst allen, die die Ausstellung erst möglich gemacht hatten, allen voran dem Museumsleiter Dr. Olaf Matthes, dem Kurator Bardo Metzger, auch dem Freundeskreis und den vielen zupackenden Händen für die Unterstützung. Die Spannung stieg und es wurde noch stiller, sodass man zeitweilig die hörte, die draußen auf der Schlosswiese für den Sturm aufs Schloss probten. Dornquast hatte bereits im Februar das Grobkonzept für die Zukunft des MBV im Mai avisiert. Jetzt, am vorletzten Tag im Mai, gab er zwar keine Details preis, doch seine Rede ließ ahnen, dass er die noch im April geäußerten Pläne modifiziert hat. Er freue sich auf die Fortsetzung der guten Zusammenarbeit mit der SHMH, die ihre Expertise klar in den klassischen Aufgaben »Sammeln, Forschen und Bewahren« habe. Die vierte Aufgabe, das »Vermitteln«, wolle er jedoch zukünftig unter seiner Kontrolle haben. So wolle er auch weiterhin an dem geplanten Beirat festhalten. Dornquast sagte nicht, wann er das Grobkonzept der Öffentlichkeit in Gänze vorgestellen wolle.

Dr. Olaf Matthes, Abteilungsleiter im MBV, knüpfte an Kosoks Rede an: »Zum Geburtstag gibt es Geschenke und wir haben hier gleich zwei. Das erste ist diese neue Dauerausstellung zu 850 Jahren Bergedorf.« Er dankte seinen Mitarbeitern und den zahllosen Ehrenamtlichen für ihren mehr als überdurchschnittlichen Einsatz bis zur letzten Minute und für die großartige Leistung, dieses Projekt zu stemmen.

»Und das zweite Geschenk«, sagte Matthes, »ist etwas, das wir bis zur Eröffnung geheim gehalten haben. Es soll eine Überraschung sein. Nur ganz wenige wussten überhaupt von der Existenz dieses Geschenks und haben bis zum Schluss dicht gehalten.« Das deutlich vom Schlafmangel gezeichnete Gesicht von Matthes leuchtete förmlich auf, als er von den Deckenbrettern berichtete, die als besonderes Exponat die Ausstellung bereichern.

Bemalte Deckenbretter (18. Jhdt.) aus dem Haus Im Sachsentor 21 sind eins der Highlights der Ausstellung.
Barocke Deckenbretter (18. Jhdt.) aus dem 1985 geschleiften Haus Im Sachsentor 21 sind eins der Highlights der Ausstellung.
Diese bemalten Bretter stammen aus einem der ältesten Bürgerhäuser, die Bergedorf hatte. Dieses Haus stand am Sachsentor 21; sein Abbruch wurde 1985 »am Denkmalschutzamt vorbei, fast in einer Nacht-und-Nebel-Aktion« begonnen. Nach dem Abtragen einer Zwischendecke waren 15 alte, prächtig bemalte Deckenbretter aus dem 18. Jhdt. zum Vorschein gekommen. Große Aufregung, Denkmalschützer hatten sich sofort an den Tatort begeben und die Bretter geborgen und eingelagert.

Obwohl bemalte Holzdecken in den entsprechenden Kreisen einst recht verbreitet waren, sind nur noch wenige von ihnen erhalten, vielleicht 20 oder 25 solcher Ensembles gebe es überhaupt noch, sagte Matthes. Erst letztes Jahr seien die wertvollen Deckenbretter aus dem Sachsentor aus dem Lager gekommen und konnten dank dem Architekten und Kulturmäzen Hans-Jürgen Werner restauriert und für die Ausstellung hergerichtet werden. Matthes dankte Werner, der sich unter den Anwesenden befand, sehr überschwänglich, und das Publikum tat es ihm nach und spendete einen langen Applaus.

Bardo Metzger, der als Kurator der Ausstellung nicht nur das Gesamtkonzept der Ausstellung verantwortet, sondern auch die Hauptlast in der anfangs sehr prekären Lage zu tragen hatte, war es ein Bedürfnis, jedem einzeln zu danken, der mitgeholfen hatte, eine professionelle Ausstellung auf die Beine zu stellen. Ausdrücklich erwähnte er auch jene, die zu Helfern wurden, ohne dass es ihnen direkt bewusst geworden wäre, wie z.B. seine Frau und seine Kinder, die ihn an vielen Wochenende entbehren mussten. Besonders hob er auch diejenigen hervor, die auf den ersten Blick gar nicht geholfen, sondern Kontroversen aufgeworfen hatten, wie z.B. Christian Römmer vom Kultur- und Geschichtskontor mit seiner Frage, ob nicht eher das Jahr 1163 als Geburtsstunde für Bergedorf als Stadt gelten müsse. »Danke, Christian, damit hast du geholfen, das Interesse für das Thema zu steigern!«, rief er Römmer zu, der wie viele andere gerade genüsslich an einem Krüglein »Bergedorf Beer« nippte und freundlich zurückwinkte.

Metzger sah dann aber doch davon ab, allen Helfern einzeln zu danken. Er habe im Geiste durchgezählt und über 70 Namen auf seine mentale Dankesliste geschrieben. Er wurde dann sehr ernst und nutzte die verbleibende kurze Redezeit für eine deutliche Mahnung: Hamburg als Landeshauptstadt habe eine Verantwortung der Kultur gegenüber. Es gebe sehr viele sehr interessierte Menschen in Hamburg, die sich engagieren, ja, in Kultur investieren wollen. Diese können aber nur mobilisiert werden, wenn die Linie für das kulturpolitische Handeln klar ist, sagte er und beließ es bei dieser angedeuteten Kritik und wünschte allen Anwesenden viel Spaß beim ersten Beäugen der neuen Ausstellung.

Die neue Dauerausstellung im Museum für Bergedorf und die Vierlande läuft bis zum 2. Juno 2013. Sie ist nur auf den ersten Blick locker und luftig, das liegt an der übersichtlichen Gestaltung. Bei näherer Betrachtung offenbart sich eine immense Fülle, die nie und nimmer bei einem Besuch in Gänze zu erfassen ist. Mehrere Besuche lohnen sich also auf jeden Fall und zwar in doppelter Hinsicht, denn das Museum profitiert von hohen Besucherzahlen natürlich auch.

Kultur und Landschaft der Vierlande haben ihren gebührenden Platz in der Ausstellung.
Kultur und Landschaft der Vierlande haben ihren gebührenden Platz in der Ausstellung.


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