Ausschreibung »Café Chrysander«: Ende oder Neubeginn für den kulturellen Treffpunkt?

Scheut nicht Mühe noch Arbeit für ihr Traumcafé: Die Bergedorferin Ursula Arova.
Scheut nicht Mühe noch Arbeit für ihr Traumcafé: Die Bergedorferin Ursula Arova.
Ein kulturelles Highlight im Bergedorfer Schlosspark war das Café, das bisher immer ein Provisorium bleiben musste. Nun fürchtet die Betreiberin Ursel Arova um ihre Pläne für die Kulturgastronomie, um die sie sich seit Jahren bemüht: Ein ganzjährig geöffnetes Café mit Gastraum, Küche und Lager. Das »Café Chrysander« hatten Ursel Arova und Claudia Lorenz-Meyer mit einem Zirkuswagen im Bergedorfer Schlosspark hinter dem Klohäuschen an der Chrysanderstraße 2007 gegründet. 2008 fiel der Wagen einem Brand zum Opfer und bis 2011 als Provisorium mit einem ausgedienten Blumenverkaufswagen fortgeführt, immer mit dem Ziel, ein »richtiges Café« zu bauen. Diesen Sommer aber bleibt der Betrieb geschlossen und das hat mehrere Gründe: Die zeitliche Investition in eine bauliche Lösung, das schlechte Wetter, die zurzeit fehlenden Anschlüsse für Strom, Frisch- und Abwasser und die mit dem bisherigen Zustand des Cafés nicht mehr erfüllbaren Auflagen des Amtes für Verbraucherschutz.

Während die Stadt dieses Frühjahr ein neues Toilettenhäuschen an der Chrysanderstraße baute, stellte Frau Arova dem Bezirksamt und verschiedenen politischen Parteien eine in wenigen Wochen und trotzdem solide und umsetzbare Version vor: Container, mit schönen Fenstern und von außen mit Holz verkleidet, die sich unaufdringlich in den Park einpassen. Dieses Konzept aber wurde zunächst einmal abgelehnt. Begründung: In der Form könne das ja jeder, da müsse es eine Ausschreibung geben.

So ist jetzt wieder alles im Ungewissen, trotz der Erfolgsgeschichte, die das Café bisher gewesen ist. Aber es ist nicht vorbei, wie sich in der Sitzung des Stadtplanungsausschuss am vergangenen Mittwoch zeigte: Die Bergedorfer Stadtplaner würden es gern sehen, wenn es weitergeht mit der Kulturgastronomie am Rande des Schlossparks. Die Bezirksverwaltung ist auch schon dabei, eine Ausschreibung vorzubereiten. Es soll ein bauliches Konzept gefordert werden, das den Möglichkeiten der maßgeblichen Grünflächenverordnung entspricht. Der neue Dezernent für Wirtschaft, Bauen und Umwelt, Uwe Czaplenski, hat ein Höchstgebotsverfahren schon ausgeschlossen und bekannt gegeben, dass das Konzept den Zuschlag bekommen soll, das baulich, kulturell und gastronomisch am überzeugendsten ist. Die Lokalpolitik überlegt noch, ob sie einer Sommer- oder einer Ganzjahresvariante in der denkmalgeschützten, öffentlichen Grünanlage oder dem Nichtstun (»Nullvariante«) den Vorzug gibt; sie will am Ausschreibungstext mitwirken. Ursel Arova, die seit Jahren weder Kraft noch Mühe scheut, um sich mit dem »Café Chrysander« eine Existenz aufzubauen, hält an ihrer Idee fest und ist auch wieder optimistischer, seit das Verfahren in geordnete Bahnen gelenkt wurde. Ein Interview mit der »Schlossparkwirtin«.

VIERLAENDER: Hallo Ursel! Die Nachricht von der Ausschreibung hatte dich sehr frustriert, du warst ja bis dahin bei den positiven Signale aus der Verwaltung in den letzten Jahren davon ausgegangen, dass man sich mit Deiner Lösung auseinandersetzen und diese für gut befinden würde. In die Sitzung des Stadtplanungsausschlusses am letzten Mittwoch bist du mit einigermaßen gemischten Gefühlen gegangen – für dich bzw. deinen Traum vom »Café Chrysander« steht ja einiges auf dem Spiel, um nicht zu sagen, deine Existenz als »Schlossparkwirtin« hängt davon ab. Wie hast du dich nach der Sitzung gefühlt?

Ursula Arova: Stimmt, ich hatte richtig Angst vor den Ergebnissen der Sitzung. Es hatte ja plötzlich und unerwartet geheißen: Ausschreibung! Das hat mich total überrascht, weil es über die Jahre schon verschiedene Vertragsentwürfe gegeben hatte und noch im Frühjahr von einem Nutzungsvertrag zwischen mir und dem Bezirk die Rede gewesen war. Ich hatte dem Bezirksamt mehrfach Konzepte vorgelegt. Ursprünglich wollte ich in Holzrahmenbauweise auf ca. 175 Quadratmetern bauen, aber da wollte keine Bank mitgehen. Ich habe mehrere, immer bescheidenere Entwürfe machen lassen und die angepassten Konzepte auch schon mehrfach bei verschiedenen Banken eingereicht. Aber: Zu wenig Eigenkapital, kein Grundbucheintrag und dann noch Gastronomie, das ist den Banken nicht geheuer. Außerdem zeigte auch der Bau des neuen Toilettenhauses, dass bei dem schlechten Untergrund sehr viel in die Gründung zu investieren wäre. Also bin ich letztendlich bei einer Leichtbauweise mit Modulen aus Containern angekommen. Mit verschiedenen Gestaltungselementen lässt sich ein moderner und zugleich ansprechender Baukörper erstellen, der sich gut in den Park einpasst.

In der Sitzung hat die Stadtplanerin Birte Grabow erläutert, worauf es ankommt, wenn für die öffentliche Grünfläche, die der Schlosspark ja ist, eine Ausnahme gemacht und der Bau eines Cafés dort genehmigt werden soll. Sie hat auch Fotomontagen von möglichen Varianten präsentiert, die für ihr Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung denkbar wären: Warst Du überrascht, da im Prinzip Dein Modell zu sehen?

Ich habe mich sehr gefreut, dass das Amt und ich da sehr ähnliche Vorstellungen haben! Das hat mich innerlich auch beruhigt und mir wieder Mut gemacht. Vielleicht war die Arbeit der vergangenen Jahre ja doch nicht ganz umsonst (zeigt auf ein Hängeregister und eine Reihe von Aktenordnern). Eigentlich bin ich inzwischen ganz zuversichtlich, dass meine Planung mit mobilen Modulen wohl beste Chancen hat, genehmigt zu werden. Die Module würden ja nicht nur gut aussehen, sie wären auch barrierefrei, würden sämtlichen Anforderungen an eine Gastronomie genügend und könnten einen Ganzjahresbetrieb ermöglichen. Etwas anderes macht keinen Sinn, wie man an diesem Sommer wieder sieht, gerade auch, wenn es kulturelle Veranstaltungen geben soll und die Toiletten ganzjährig geöffnet sein sollen.

Ja, das war ja bisher Bedingung, dass du dein Café dort betreiben durftest, dass du dich auch um die öffentlichen Toiletten dort kümmerst. – Du bist ja von Haus aus Musikpädagogin und Fremdsprachendozentin, also nicht vom Fach, wenn es um Bauplanung geht. Wer hat Dir denn bei Deinen Entwürfen geholfen?

Ein befreundeter Architekt im (Un-)Ruhestand hat mich die ganzen Jahre begleitet. Für die Zeichnung meiner neuen Variante hat meine Freundin Almut Lichte die Zeichnung gefertigt.

Kannst Du ein paar Worte zur Gestaltung sagen?

Ein flacher, holzverkleideter Bau mit großen Flügeltüren zum Garten, die sich bei schönem Wetter weit öffnen lassen und so einen nahtlosen Übergang zur Terrasse und zum Park bieten. Endlich wird es eine richtige Küche geben, in der wir backen und auch einfache Mahlzeiten herstellen können – wir wurden ja oft auch nach etwas Herzhaftem gefragt. Dann wäre auch das Lager nicht mehr 50 Meter entfernt und wir müssten die Getränkekisten nicht mehr so weit schleppen. Im Gastraum wäre genügend Raum für Tische und Stühle, z.B. auch lange Tische für Stammtischabende oder einen Mittagstisch, den man gemeinsam einnehmen kann wie in einer Familie. Auch für Kinderwagen und Rollstühle wird Platz gebraucht, denn das soll ein Café für alle sein. Außerdem möchte ich eine Ecke, vielleicht mit kleiner (Bürger-)Bühne, für Kulturelles haben, Musikauftritte, Theater, Lesungen, ganz wie früher, aber eben wetterunabhängig. Und der Garten wird natürlich wieder neu angelegt und gepflegt, damit die Chrysanderrosen wieder blühen.
Entwurf für das neue »Café Chrysander«. Zeichnung: Almut Lichte
Entwurf für das neue »Café Chrysander«. Zeichnung: Almut Lichte


Es soll ja in Bergedorf immer noch Leute geben, die das »Café Chrysander« gar nicht kannten. Die fragen sich teilweise, wozu im Schlosspark überhaupt ein Café gut sein soll...

Der Platz dort im Park an der Chrysanderstraße schreit geradezu nach einem Café, das war mir schon klar, als ich vor vielen Jahren mit meinen kleinen Kindern den Spielplatz besuchte. Wie sehr wurden da geöffnete Toiletten vermisst, wie gerne hätte man mal zwischendurch etwas getrunken... Nachdem ich dort mit meiner Freundin startete, kamen viele Gäste ganz begeistert und sagten, das hätten sie schon so lange vermisst. Manche meinten sogar, sie hätten selber überlegt, dort etwas zu machen, aber es ist nicht so leicht den ersten konkreten Schritt zu tun, das habe ich selber erlebt.
Innerhalb der ersten drei Jahre haben sich dann das Café und der Platz drum herum zu einem äußerst beliebten Treffpunkt entwickelt. An Markttagen brummte es hier jedes Mal, die Leute kamen zum Pausemachen und zum Aufwärmen, wenn's kalt war. Bei schönem Wetter wurden wir am Wochenende manchmal regelrecht überrannt von Bergedorfern und Touristen, Großen, Kleinen, »Einzelgängern« und Familien, die hier Kaffee, Kuchen und Kaltgetränke verzehrten, mit unseren Boule-Kugeln oder Schach spielten. Für die Einheimischen, nicht nur aus der Kulturszene, war das hier ein richtiger Nachbarschaftstreff: Irgendwer war immer da, den man kannte, es wurden Diskussionen geführt, Pläne geschmiedet, musiziert... Besonders habe ich mich gefreut, wenn ich hörte, das sei der schönste Platz in Bergedorf. Oder wenn jemand sagte: »Ich will nur kurz mal reinschauen« und dann drei Stunden blieb, weil er sich so wohl fühlte. Außerdem wurde unser Café zum »Vereinslokal« für den Parkkultur-Verein, die Tanzschule »Fun Tango«, es wurde Literatur-Café, es gab Kasperle-Theater, wir haben Veranstaltungen gemacht – Sommerfeste, Tanzfeste, »Magie der Nacht«, der WerkzeugDoc mit seinen Handwerkerseminaren für Kinder... da ist jetzt eine echte Lücke entstanden.

Man merkt, du brennst für dieses Projekt. Wie geht es denn nun weiter, machst du nächstes Jahr wieder auf, wenn dein Konzept den Zuschlag bekommt?

Selbstverständlich. Erst einmal bin ich froh, dass die Ausschreibung nicht nach dem Höchstgebotsverfahren laufen soll, sondern dass das beste Konzept siegen soll. Deshalb rechne ich mir gute Chancen aus. Mein Konzept ist gut und ich bin die Einzige, die wirklich konkrete Erfolge, also auch Erfahrung hier im Park vorweisen kann. Zumal alle zuständigen Ämter und einige politische Entscheidungsträger sich schon sehr wohlwollend geäußert haben. Wenn alles gut geht, kann ich im nächsten Frühjahr innerhalb kurzer Zeit alle Pläne umsetzen, ich hatte ja schon für dieses Jahr alles vorbereitet. Schon so oft habe ich mir vorgestellt, mich mit einer schönen Eröffnungsfeier bei allen, die mir über die Jahre geholfen haben, und bei meinen treuen Gästen zu bedanken.

Vielen Dank für das Gespräch, Ursel, und viel Erfolg!

Mit Ursel Arova sprach Carin Schomann.

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