30.000 bei der Heimat-Demo

Die Zukunft des Rieck-Hauses ist unsicher
Die Zukunft des Rieck-Hauses ist unsicher
Es war ein gewaltiges Fest, so groß und so zahlreich die Gäste, wie es sich die Veranstalter nicht hätten träumen lassen: 30.000 Besucher haben allein den Vierländer Erntedankumzug 2011 in Kirchwerder gesehen, so die Schätzung der Polizei, und die schätzt üblicherweise eher konservativ. Hinzu kommen noch einige, die am Tag davor und am Tag danach gefeiert haben, denn das Fest dauerte ganze drei Tage.

Viel Neues, auch Modernes haben die Veranstalter, der »Förderverein Erntedankfest e.V.«, gewagt und die alten Erntedanktraditionen mit modernen Elementen aufgepeppt. Ein wenig Skepsis herrschte deswegen schon bei der Dorfbevölkerung. Nicht nur sollte der Erntedankumzug diesmal von der Kirche weg statt zu ihr hin laufen, nicht nur hatten die Erntemajestäten die traditionellen Trachtenhüte mit Krähe gegen schicke Diademe ausgetauscht, nein, die Neuerungen gingen soweit, dass sogar Werbung während des Umzugs erlaubt war – solange sie dezent blieb. Neugier oder das schöne Wetter oder beides brachte jedenfalls soviele Menschen wie nie zuvor zu dieser Demonstration ländlichen Selbstbewusstseins.

GVM-Leiterwagen. Mit freundlicher Genehmigung von H. Dietrich Habbe, www.habbe-foto.de
GVM-Leiterwagen. Mit freundlicher Genehmigung von H. Dietrich Habbe

Pastor Lungfiel und Pastor Billet
»Pastorenkutsche«
Diese historische Kutsche chauffierte die Ehrengäste Dirk Brahm, Arne Dornquast und das Vierländer Paar Ilse und Hermann Struß
»Ehrenkutsche«
Mitorganisator Michael Bornhöft demonstrierte seine Liebe zu historischen Kutschen und Leiterwagen. Aus Scheeßel hat er die Brautkutsche kommen lassen, die die Ehrengäste Dirk Brahm, Arne Dornquast und das Vierländer Paar Ilse und Hermann Struß aufnahm. Bei befreundeten Vereinen oder zufällig auf Dachböden gefunden und ausgeliehen – seinem Faible für die historischen Gefährte konnte er zu diesem Anlass weidlich frönen.

Die »Vierländer Schlagerfreunde« beim Ernte-Move 2011
Modern ist relativ: Die »Vierländer Schlagerfreunde« beim Ernte-Move 2011
Nahezu alle Vereine, die bei früheren Erntedankumzügen dabei waren, nahmen auch dieses Mal wieder teil. Dazu kamen eine ganze Reihe "Neue", angelockt vom frischen, modernen Touch des Festes.
So zum Beispiel die »Vierländer Schlagerfreunde« im Siebzigerjahre-Outfit und der passenden Beschallung. »Wir sind doch auch Vierländer, beim Ernte-Move gehören wir einfach dazu.«

Der »Freundeskreis Rieck Haus« nutzten den Umzug zum Flyern
Der »Freundeskreis Rieck Haus« nutzte den Umzug zum Flyern
Eine eigentlich schon politische Demonstration gab der »Freundeskreis Rieck Haus e.V.«. Seine Mitglieder, wie beim Erdbeerfest mit umgebundenen Erdbeerschürzen wie hier Ernst Korth im Vordergrund, verteilten Flyer mit Informationen über das Rieck-Haus. Hinter ihnen die Erdbeerkönigin auf ihrem Wagen; sie schrieb Autogramme auf die Flyer und machte sie damit zu Sammlerstücken. Eindeutig eine dezente Aufforderung an alle, das Rieck-Haus durch Spenden oder, noch besser, durch Anwesenheit und das Zahlen von Eintrittsgeld und vielleicht auch durch eine (Förder-)Mitgliedschaft im Freundeskreis zu unterstützen.

Denn das Freilichtmuseum Rieck-Haus ist, die meisten wissen es schon, möglicherweise von der Schließung bedroht. Dem bisherigen Träger sind andere Angelegenheiten inzwischen wichtiger geworden, so dass das Rieck-Haus, möglicherweise auch das ganze Altonaer Museum, zu dem das Rieck-Haus (noch!) als Außenstelle gehört, abgestoßen werden soll. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt soll das Rieck-Haus in die Obhut des Bezirks Bergedorf übergehen, seine Finanzierung ist allerdings bisher ungeklärt.

»Saatgut vor Gentechnik schützen«, dafür demonstrierte der TOCH beim Erntedankumzug 2011
»Saatgut vor Gentechnik schützen«, dafür demonstrierte der TOCH beim Erntedankumzug 2011
Auch kein unpolitisches Thema hatte der zweite Wagen des »1. Traktoren Oldtimer Club Hamburg von 1988 Vier- und Marschlande e.V.« dabei. Hier beim »TOCH« wurden keine Flyer, sondern Kartoffeln ans Publikum verteilt. Auf einem Schwerlasthänger hatten die Freunde alter Landmaschinen einen Kartoffelacker inszeniert, Ackerboden aufgeschüttet und einen alten Deutz darauf gestellt, auf dem ganz dekorativ Jens-Peter Holm saß, den man nie anders als mit seinem Strohhut sieht. »Saatgut vor Gentechnik schützen« stand überall am Wagen zu lesen, ein wichtiges Anliegen zum Schutz auch nachfolgender Generationen vor den möglichen Risiken der Agrogentechnik und vor den erwiesenen Risiken, die von gierigen Saatgutmonopolisten ausgehen, denn wer die Saat hat, hat die Macht.

Das Ziel, ein Erntedankfest mit starker Außenwirkung auf die Beine zu stellen, hat der »Förderverein Erntedankfest e.V.« ganz klar erreicht, denn es kamen nicht nur zahlreiche Gäste von außerhalb, sondern das Event fand auch starken Niederschlag in der regionalen und überregionalen Presse. Das Vierländer Erntedankfest 2011 war eine deutliche Demonstration des dörflichen Zusammenhalts, des »Wir-Gefühls«, das die Vorsitzende des »Förderverein Erntedankfest e.V.«, Marlis Clausen, so gern hervorheben und in die Stadt und darüber hinaustragen wollte. Der Förderverein, für den es das erste Mal war, dieses Fest zu organisieren, hat sich eine gute Grundlage geschaffen für weitere Großfeste dieser Art – und da gibt es auch schon Ideen, zum Beispiel eine Zusammenkunft aller Ernteköniginnen des Bundesgebiets im kommenden Jahr.

Erntekönigin 2028 im Bollerwagen
Alte Tradition hat Zukunft: Noch sitzt die Erntekönigin 2028 im Bollerwagen und winkt mit ihrem Patschehändchen


Das Fest in der goldenen Oktobersonne bot Motive für zigtausende Fotos. Traditionelle Fotoserien und Videos bei


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