Gänseplage: NABU hält Jagd für wirkungslos

Grau- und Kanadagänse auf einem schneebedeckten Rapsfeld in Altengamme
Grau- und Kanadagänse auf einem schneebedeckten Rapsfeld in Altengamme
NABU kritisiert geplante Änderung der Jagdverordnung
Effektive Maßnahmen zum Gänsemanagement warten dagegen auf Realisierung


Dass der Senat derzeit eine Ausdehnung der Jagdzeiten unter anderem für Grau- und Kanadagänse plant, kritisiert der NABU Hamburg. Die Brutbestände dieser beiden Vogelarten haben in Hamburg, insbesondere in den Vier- und Marschlanden, zwar stark zugenommen. Der NABU erkennt auch an, dass dies auf landwirtschaftlichen Flächen zu deutlichen Schäden führen kann. Jedoch sei die Jagd absolut wirkungslos, um die Gänsebestände und damit die Schäden in der Landwirtschaft nachhaltig einzudämmen, so der NABU. Andere, effektivere Maßnahmen gedenkt der Senat aber offenbar nicht umzusetzen, bemängelt der Verband. Der NABU lehnt daher die geplante Änderung der Jagdverordnung ab.


Um landwirtschaftliche Schäden durch Gänse zu minimieren, erarbeitete auf Initiative der Landwirtschaftskammer der Arbeitskreis Gänse unter Beteiligung des NABU und anderer Akteure ein Maßnahmenpaket zur Begrenzung der finanziellen Einbußen der Landwirtschaft sowie zur Etablierung eines nachhaltigen und ökologisch verträglichen Gänsebestandsmanagements.

Im Ergebnis gehören dazu die Schaffung von Ruhezonen für Gänse mit gleichzeitigem finanziellen Ausgleich der Schäden, die Bestandsregulierung der Gänsepopulation durch Rückbau der Brutinseln in den Kirchwerder Wiesen, das Aufstellen von Fuchsattrappen sowie die Änderung der Jagdverordnung. In einem vom NABU mitfinanzierten Pilotprojekt wurde dieses Konzept erfolgreich getestet. Dr. Christian Gerbich, Naturschutzreferent des NABU Hamburg, ist empört: „Auf Betreiben der Landwirtschaftskammer und des Bauernverbands will die Wirtschaftsbehörde jetzt die Jagdzeiten per Verordnung ausdehnen, ohne aber die übrigen Maßnahmen des Gesamtkonzepts auf den Weg zu bringen. Dieses Vorgehen lässt völlig außer Acht, dass ein wirksames Gänsemanagement nur durch das Zusammenwirken aller Maßnahmen erreicht werden kann. Die geplante Änderung der Jagdverordnung ist daher aus unserer Sicht lediglich eine Beruhigungspille für die Landwirtschaftslobby.“

Vielmehr weisen ein Gutachten im Auftrag der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) sowie Erfahrungen aus Schleswig-Holstein darauf hin, dass die Jagd als Mittel zur Bestandsregulierung unwirksam ist und die Schäden in der Landwirtschaft sogar steigern kann. „Jeder Schuss führt dazu, dass gleich alle Gänse auffliegen. Davon kriegen sie Hunger und fressen danach noch mehr als vorher“, erläutert der NABU-Experte die Zusammenhänge. „Selbst wenn ein Tier wirklich getroffen wurde, verringert sich nicht automatisch der Bestand. Denn der wird von Gänsen aus anderen Gebieten ganz schnell wieder aufgefüllt.“

Außerdem würden auch andere, z.T. gefährdete und geschützte Arten von der Jagd in Mitleidenschaft gezogen. Vor allem während des Winters kann nicht zwischen ziehenden Populationen nordischer, zum Teil gefährdeter Gänse und heimischen Beständen, die eigentlich für die Fraßschäden verantwortlich sind, unterschieden werden. Des Weiteren betont der NABU, dass bei der Gänsejagd die Erlegung von geschützten und z.T. stark bedrohten Vogelarten nicht ausgeschlossen werden kann. „Oftmals wird beim Jagen eine große Zahl von Vögeln nur verletzt“, gibt Gerbich darüber hinaus zu bedenken. „Diese Tiere sterben dann später qualvoll.“

„Offenbar fehlt es dem Senat am Willen, die übrigen Maßnahmen des Gesamtkonzepts mit der gleichen Entschlossenheit auf den Weg zu bringen, wie die Jagdverordnung“, zeigt sich Gerbich verständnislos. „Wir vermuten, dass die Wirtschaftsbehörde die Verordnung bevorzugt vorantreibt, da diese mit keinen weiteren Kosten verbunden ist.“ Bei diesen Rahmenbedingungen überwiegen nach Ansicht des NABU die gravierenden Nachteile einer Jagd. „Die Änderung der Jagdverordnung wird nicht dazu führen, die Schäden für die Landwirtschaft wirksam einzudämmen“, betont der Naturschützer. „Es handelt sich also vielmehr um ein „billiges“ Placebo ohne heilende Wirkung aber mit starken Nebenwirkungen.“ Der NABU lehnt daher die Änderung der Jagdverordnung unter diesen Voraussetzungen ab und fordert den Senat auf, das Gesamtkonzept entsprechend den Vorstellungen des Arbeitskreises Gänse umzusetzen.

Die Unterlagen zur Änderung der Jagdverordnung sowie ein ausführliches Positionspapier des NABU finden Sie unter www.NABU-Hamburg.de/jagd.

Pressemitteilung NABU Hamburg, 19.12.2013

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