»Wiehnachtstied an n Elvdiek mit Hertha Borchert«

Ada-Verena Gass
Ada-Verena Gass liest Hertha Borchert.
Am Sünndach, 18. November, Klock Dree, bringt Ada-Verena Gass de Veerlannen no de Elbinsel Wilhelmsburg un lest un vertellt vun de »Wiehnachtstied an n Elvdiek mit Hertha Borchert«.

In der Plattdeutschen Lesung der Reihe »Kultur im Museum – Kultur am 3.Sonntag« entführt Ada-Verena Gass die Zuhörer mit Geschichten von Hertha Borchert in die Zeit der 1920er-Jahre und lässt sie am Weihnachtsgeschehen in Vierlanden teilhaben.

Hertha Borchert kam 1895 in Altengamme als Tochter von Lehrer Salchow zur Welt. Aufgewachsen ist sie in Kirchwerder, wo sie all das in sich aufnahm, was sie später in ihren Erzählungen verarbeitet hat. Als 19jährige heiratete sie und zog mit ihrem Mann Fritz Borchert nach Eppendorf. Aber sie hielt Freundschaft mit Vierländern bis in ihre späten Jahre.

Wahrscheinlich hat ihr Schreiben Sohn Wolfgang beeinflusst, der ja dabei um sie herum war. Zwei Jahre nach Kriegsende wurde sein Kriegsheimkehrer-Drama „Draußen vor der Tür“ uraufgeführt, am selben Tag ist er gestorben. Hertha Borchert hörte mit eigenem Schreiben auf, und pflegte bis in ihr hohes Alter bloß noch das Werk ihres Sohnes. Sie ist 90 Jahre alt geworden. Ihre Geschichten zeigen nicht bloß das Leben in Vierlanden vor 100 Jahren, sondern skizzieren gleichermaßen die Psychologie der Menschen, was in deren ureigenster Sprache besonders authentisch wirkt.

Nach ihrem Tod 1985 hat der Wachholtz-Verlag zwei Bücher herausgegeben: die Erzählung „Barber Wulfen“, und den Band „Wullhandkrabben un anner Geschichten“, aus dem sie die alte Atmosphäre in die gemütliche Bauernstube des Museums Elbinsel Wilhelmsburg zur nahenden Advents- und Weihnachtszeit mitbringt. Erinnert wird dabei in den Geschichten auch an alte Gerichte, die damals in dieser Zeit in den Vier- und Marschlanden auf den Tisch kamen, wie zum Beispiel: Klüten und Speck, Pfannkuchen, Zimt, braune Kucken, Weihnachtskuchen, Gänse in Sauer, großer Braten, „Suer Supp“, Grünkohl, Grünkohl, mit Korinthen, Hafergrütze und Lungenwurst, Schweinerippe mit Pflaumen, braune und weiße Weihnachtskuchen, Äpfel, Datteln und Feigen.

Ada-Verena Gass lebt seit über zwanzig Jahren in Vierlanden. Im NDR hat sie in den neunziger Jahren jeden Sonntag „Klock twee vör neegen“ die Staus auf Platt durchgegeben, und auch mal Halligleute plattdeutsch interviewt. Jetzt als Pensionärin pflegt sie das Plattdeutsche mit den „Plattsnackers Vier- und Marschlande“, und bringt es jeden Mittwoch den Jüngsten in der KiTa am Elbdeich nahe. Im Museum Elbinsel Wilhelmsburg ist sie seit vielen Jahren gern gesehener Gast mit ihrer Lesereihe „Platt vör hunnert Johrn un hüt“. Sie meint, dass sich zwar die Lebensumstände geändert haben, aber die alte Charakterstruktur begegnet ihr auch heute noch. Und diesen Menschenschlag mag sie eben.

Sonntag 18. November 2012 um 15 Uhr - Eintritt 5 €

Quelle, Adresse und mehr Info: Museum Elbinsel Wilhelmsburg

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Was es mit Sprache, »Charakterstruktur« und authentisch gemeint ist, lässt sich erahnen beim Lesen dieser Originalversion des Textes oben:

„Platt vör hunnert Johrn – Verlannen.
Wiehnachstied an’n Elvdiek: Hertha Borchert.“


Över de Schrieversch

Vör hunnert Jöhrn hett Hertha Borchert ut ehr eegen Beleeven veele Stremels in Kladde opschreeven. Se weer Schoolmeester Salchow sien Dochter in Kirchwarder, wat se „Holok“ nömt. As junge Fru heirot’t se den Junglehrer Fritz Borchert, un trock mit em no Eppendörp un kreeg een Söhn, Wolfgang. De klei ehr üm de Been, as se ut ehr Beleeven in Verlannen schreev. Dat weer in de twintiger Johrn vun’t letzt’ Johrhunnert, un de Vertelln sünn denn ok druckt worrn.
As ehr Jung ranwussen weer, schreev he ut sien Beleeven in’n Kreeg dat Drama Draußen vor der Tür, Buten vör de Dör. He dreep dat Föln vun de Minschen so, as sien Modder de Verlanners Johrn vörut, un worr weltberühmt dormit. Man he storv an den Dag, wo dat Stück to’n ers’n Mol opföhrt worr, an een swore Krankheit.
Vun de Tied an klei’ sik Hertha Borchert blots noch üm dat Wark vun ehrn Jung, un lett ehr eegen Soken liggen. No ehrn Dod 1985 keem’ de Stücken wedder to Dag. De Wachholtz-Verlag hett twee feine Böker dorvun mokt: Barber Wulfen un Wullhandkrabben un anner Geschichten. Un to düsse Geschichten ’hörn de Vertelln, de uns’ Vörlesersch utsöcht hett.
Lüüd un Leeven, de Minsch vun buten un binnen!

Över de Vörlesersch

Ada-Verena Gass leevt siet över twintig Johrn in Verlannen. Se meent, Lüüd un Leeven, de Minsch vun buten un binnen wiesen sik to’n groden Deel ok hüt noch so, as vör hunnert Johrn. Vör de Computers un an’t Stüer vun de Autos sitt de ole Charakterstruktur. Dat sik so veel nich ännert harr, markte se glieks, as se 1990 ut dat NDR-Verkehrsstudio op den schönen, olen Hoff keem. Se kunn em got av, düssen Minschenslag, anners weer se nich ganz an de Elv trokken.

Bi’n NDR hett se op Platt Halliglüüd utfroogt, un in de negentiger Johrn ehr Verkehrsmell’n op 90,3 elkeen Sünndag „Klock twee vör neegen“ dörchgeeven. Se pleegt ehr Platt mit de „Plattsnackers Veer- un Maschlanne“. In’t Museum Elbinsel Wilhelmsburg hebben se gern ehr Reeg „Platt vör hunnert Johrn un hüt“.Un elkeen Middeweken wiest se de Görn in’n Kinnergoorn an’n Elvdiek, de ers’n Wöör op Platt to snacken.

Text: Ada-Verena Gass, 8.11.12

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