Heimatmuseum mit Hingabe stärken
Geschrieben von Redaktion am
09.02.2012 | »Heimat gemeinsam gestalten« lautet bekanntlich der Wahlspruch von Bezirksamtsleiter Arne Dornquast. So war er spürbar in seinem Metier, als er am vergangenen Mittwoch in einer Sondersitzung des Ausschusses für Sport, Kultur und Schule Ausschussmitgliedern und interessierter Öffentlichkeit das »Eckpunktepapier zum Museumskonzept „Bergedorfer Museumslandschaft"« [PDF] vorstellte.
Die Diskussion um dieses vitale Thema sei in der Vergangenheit »gewissen Schwankungen« unterworfen gewesen, sagte Dornquast in seiner Einleitung und machte klar: »So etwas können wir uns in Zukunft nicht mehr leisten!« Die Museen »mit Hingabe stärken« war entsprechend der Leitsatz, mit dem er die Präsentation des Eckpunktepapiers im Spiegelsaal des Rathauses begann.
Die Diskussion um dieses vitale Thema sei in der Vergangenheit »gewissen Schwankungen« unterworfen gewesen, sagte Dornquast in seiner Einleitung und machte klar: »So etwas können wir uns in Zukunft nicht mehr leisten!« Die Museen »mit Hingabe stärken« war entsprechend der Leitsatz, mit dem er die Präsentation des Eckpunktepapiers im Spiegelsaal des Rathauses begann.
Das Bezirksamt Bergedorf ist von der Bezirksversammlung und der Hamburger Bürgerschaft beauftragt, ein tragfähiges Konzept zur Überführung von Schlossmuseum und Rieck-Haus in die bezirkliche Verantwortung von Bergedorf zu entwickeln. Arne Dornquast hat diese Aufgabe zur Chefsache gemacht und tüftelt zusammen mit seinem Bezirksamtsprecher Dr. Andreas Aholt und Detlef Trute an einem gangbaren Weg. »Wir sind alle keine Museumsleute, das hat den Vorteil, dass wir frei von fachlichen Grillen sind«, stellte er klar. Unzählige Gespräche habe er geführt, mit allen relevanten Akteuren und Meinungsträgern in der Bergedorfer Kulturszene und natürlich mit der Noch-Hausherrin, der Stiftung Historische Museen Hamburg (SHMH). Das erste dieser Gespräche habe schon drei Tage nach seinem Amtsantritt im letzten Sommer stattgefunden, mit Dr. Olaf Matthes, Prof. Dr. Lisa Kosok und Prof. Dr. Kirsten Baumann. Viele gute Hinweise habe er sammeln können, dennoch läge das Konzept aus verschiedenen Gründen noch nicht fertig vor. Es sei aber klar, dass das beste Konzept nur aus Bergedorf selbst kommen könne, denn »wir sind einfach am dichtesten dran«, so Dornquast.
Ein Heimatmuseum solle das »Museum für Bergedorf und die Vierlande«, das im einzigen Schloss Hamburgs beherbergt ist, sein, ein Stadtmuseum auch, und zusammen mit dem Rieck-Haus und evtl. auch der Sternwarte und dem Maler- und Lackierermuseum eine »Bergedorfer Museenlandschaft« bilden. Durch die vereinte Entwicklung der verschiedenen Museen im Bezirk, ein verbessertes Veranstaltungsmanagement und weitere Maßnahmen (s. Eckpunktepapier) müsse es möglich sein, ein tragfähiges Konzept zu definieren. Die bisherige personelle Ausstattung der Häuser soll beibehalten werden, dem Bezirksamt will Dornquast eine eigene Kulturabteilung inklusive einer neuen Stelle spendieren.
Dornquast erläuterte kurz den zeitlichen Fahrplan. Der wird von der Haushaltsplanung diktiert. Demnach soll im Mai 2012 das Grobkonzept inkl. Finanzrahmen und Rechtsform in die Haushaltsverhandlungen für 2013/2014 eingebracht werden. Bis zur Haushaltsberatung im Oktober 2012 soll dann auch das Feinkonzept fertig gediehen sein, dann sollen die Budgets festgelegt und die ganze Sache final beschlossen werden rechtzeitig zum politisch beschlossenen Übergangszeitpunkt am 1. Januar 2013.
Bis dahin wird die finanziell-budgetäre Ebene noch sehr viel Hirnschmalz erfordern die allgemeine Finanznot im Kultursektor und die Schuldenbremse, die sich Hamburg auferlegt hat, sind bekannt und extrem hinderlich gleichermaßen. »Ich erwarte einen ehrlichen Anteil vom Gesamtbudget der Stiftung«, sagte Dornquast mit Seitenblick auf Helmut Sander, der im Publikum saß. Die Planung der inhaltlichen Ebene komme dagegen gut voran. Fachlich-museal lägen die geringsten Probleme vor, beide zur Debatte stehenden Häuser hätten gut vorgesorgt und seien bis weit ins Jahr 2013 gut mit Programmpunkten bestückt. Auch die Marketing-Seite des Konzeptes gewinnt schnell an Drehmoment, »überregionale Strahlkraft«, »nachhaltiges Veranstaltungsmanagement«, »Teilhabe und bürgerschaftliches Engagement«, »Entwicklung einer Dachmarke "Bergedorfer Museumslandschaft"« ..., hier sprudelten Dornquast die Sätze nur so von den Lippen.
Wenn da nur nicht die quälende Finanznot wäre, die über den enthusiastisch vorgetragenen Ideen, was man alles machen könnte, lauert. So waren es eben nicht zufällig Helmut Sander und Professor Lisa Kosok, zwei der leitenden Köpfe in der SHMH, die genau hier den Finger in die Wunde legen mussten. Sie warnten davor, bei der Finanzplanung allzusehr auf das Budget aus der Stiftung zu bauen. Die Stiftung habe selbst nicht genug Geld, sagte Sander, Alleinvorstand und kaufmännischer Leiter der SHMH. In erster Linie habe er den Mangel zu verwalten und er wolle die anderen Häuser der Stiftung nicht zugunsten von Bergedorf benachteiligen. Und Kosok warnte davor, den Aufwand zu unterschätzen, den eine ordentliche, wissenschaftliche Museumsarbeit mit sich brächte, und riet zur Besonnenheit. Beide, Sander und Kosok, schienen nicht glücklich zu sein mit den in den Augen vieler Meinungsträger überhasteten politischen Beschlüssen.
Zum Abschluss seines Vortrags beschwor Dornquast noch einmal das Bündeln aller Kräfte für einen erfolgreichen Ausgang der schwebenden Situation. »Man kann keine Einheit erzielen, wenn man sich gegenseitig auf die Füße tritt.« zitierte der Bezirksamtsleiter und Vorsitz-des-Museumsbeirates in spe den französischen ex-Präsidenten François Mitterrand.
Wer das oben verlinkte Eckpunktepapier gelesen hat, wird sich unschwer die lebhafte Diskussion im prachtvollen Spiegelsaal vorstellen können. Großer Diskussionspunkt auch der Beirat, den das Konzept vorschlägt. Der Beirat, so sieht es das Eckpunktepapier vor, »setzt sich zusammen aus der Bezirksamtsleitung, dem Vorsitz der Bezirksversammlung, einer Vertretung der Kulturbehörde, dem Museumsleiter sowie 8 durch die Bezirksversammlung hinzu gewählter Bürger.« Anwesende Vertreter der Fraktionen forderten, dass die Bezirksfraktionen Mitglieder in den Museumsbeirat entsenden sollten. Andere wiederum schlugen die Hände über dem Kopf zusammen bei dieser Idee: Der Museumsbeirat müsse unabhängig von der Politik arbeiten, sonst sei das Museum bald ein Spielball der Politik. Die Frage, die dann kam, entlockte Arne Dornquast ein breites Grinsen: Wer denn eigentlich überhaupt das letzte Wort bei den Beiratsentscheidungen haben solle? »Ich!« kam es postwendend aus dem Munde des Bezirksamtsleiters. Ein Raunen ging durch die Versammlung.
Vertreter beider Freundeskreise Harm Reese von »Freunde des Museum für Bergedorf und die Vierlande« und Herr Witt vom»Freundeskreis Rieck Haus« sowie Gerd Hoffmann vom »Bergedorfer Bürgerverein« berichteten, dass ihre Vereine das Eckpunktepapier noch diskutierten und sich in Kürze äußern werden.
Der Austausch über das Eckpunktepapier konnte die seit Monaten in Bergedorf andauernde Diskussion also ein Stückchen weiterbringen. Allein, die hinter allem stehende Frage: Wie kann eine solide Finanzierung des Projektes »Schloss und Rieck-Haus in Bergedorfer Hand« sichergestellt werden, ohne dass die Häuser zunehmend kommerzialisiert werden und ohne dass die wissenschaftliche, museale Arbeit leidet«, diese Frage hängt weiterhin wie ein Damoklesschwert über allem. Helmut Sander lässt momentan unter Hochdruck in seinem Haus ermitteln, was das Museum im Bergedorfer Schloss die Stiftung in den letzten Jahren gekostet hat und welcher Anteil des SHMH-Budgets in Zukunft direkt nach Bergedorf gehen könnte. Diese Zahlen will er in wenigen Wochen vorlegen. Dann können Arne Dornquast und seine Mannen besser rechnen, was geht und was nicht geht.
Es hat wohl niemand die Illusion, dass sich Hammonias Kulturtöpfe plötzlich wundersam mehren. Kultur ist mindestens seit den 1980er-Jahren stets das Schaf gewesen, das zuerst geschoren wurde. In Bergedorf wird es an eine Quadratur des Kreises heranreichen, aus wenig Mitteln genug zu schaffen für existenzfähige Museen, die diese Bezeichnung auch weiterhin verdienen und nicht zu Kirmesbuden umfirmiert werden. Wo Arne Dornquast die fehlenden Mitteln finden wird, bleibt also die spannende Frage. Denn auch Museen funktionieren nicht mit Hingabe allein.
Ein Heimatmuseum solle das »Museum für Bergedorf und die Vierlande«, das im einzigen Schloss Hamburgs beherbergt ist, sein, ein Stadtmuseum auch, und zusammen mit dem Rieck-Haus und evtl. auch der Sternwarte und dem Maler- und Lackierermuseum eine »Bergedorfer Museenlandschaft« bilden. Durch die vereinte Entwicklung der verschiedenen Museen im Bezirk, ein verbessertes Veranstaltungsmanagement und weitere Maßnahmen (s. Eckpunktepapier) müsse es möglich sein, ein tragfähiges Konzept zu definieren. Die bisherige personelle Ausstattung der Häuser soll beibehalten werden, dem Bezirksamt will Dornquast eine eigene Kulturabteilung inklusive einer neuen Stelle spendieren.
Dornquast erläuterte kurz den zeitlichen Fahrplan. Der wird von der Haushaltsplanung diktiert. Demnach soll im Mai 2012 das Grobkonzept inkl. Finanzrahmen und Rechtsform in die Haushaltsverhandlungen für 2013/2014 eingebracht werden. Bis zur Haushaltsberatung im Oktober 2012 soll dann auch das Feinkonzept fertig gediehen sein, dann sollen die Budgets festgelegt und die ganze Sache final beschlossen werden rechtzeitig zum politisch beschlossenen Übergangszeitpunkt am 1. Januar 2013.
Bis dahin wird die finanziell-budgetäre Ebene noch sehr viel Hirnschmalz erfordern die allgemeine Finanznot im Kultursektor und die Schuldenbremse, die sich Hamburg auferlegt hat, sind bekannt und extrem hinderlich gleichermaßen. »Ich erwarte einen ehrlichen Anteil vom Gesamtbudget der Stiftung«, sagte Dornquast mit Seitenblick auf Helmut Sander, der im Publikum saß. Die Planung der inhaltlichen Ebene komme dagegen gut voran. Fachlich-museal lägen die geringsten Probleme vor, beide zur Debatte stehenden Häuser hätten gut vorgesorgt und seien bis weit ins Jahr 2013 gut mit Programmpunkten bestückt. Auch die Marketing-Seite des Konzeptes gewinnt schnell an Drehmoment, »überregionale Strahlkraft«, »nachhaltiges Veranstaltungsmanagement«, »Teilhabe und bürgerschaftliches Engagement«, »Entwicklung einer Dachmarke "Bergedorfer Museumslandschaft"« ..., hier sprudelten Dornquast die Sätze nur so von den Lippen.
Wenn da nur nicht die quälende Finanznot wäre, die über den enthusiastisch vorgetragenen Ideen, was man alles machen könnte, lauert. So waren es eben nicht zufällig Helmut Sander und Professor Lisa Kosok, zwei der leitenden Köpfe in der SHMH, die genau hier den Finger in die Wunde legen mussten. Sie warnten davor, bei der Finanzplanung allzusehr auf das Budget aus der Stiftung zu bauen. Die Stiftung habe selbst nicht genug Geld, sagte Sander, Alleinvorstand und kaufmännischer Leiter der SHMH. In erster Linie habe er den Mangel zu verwalten und er wolle die anderen Häuser der Stiftung nicht zugunsten von Bergedorf benachteiligen. Und Kosok warnte davor, den Aufwand zu unterschätzen, den eine ordentliche, wissenschaftliche Museumsarbeit mit sich brächte, und riet zur Besonnenheit. Beide, Sander und Kosok, schienen nicht glücklich zu sein mit den in den Augen vieler Meinungsträger überhasteten politischen Beschlüssen.
Zum Abschluss seines Vortrags beschwor Dornquast noch einmal das Bündeln aller Kräfte für einen erfolgreichen Ausgang der schwebenden Situation. »Man kann keine Einheit erzielen, wenn man sich gegenseitig auf die Füße tritt.« zitierte der Bezirksamtsleiter und Vorsitz-des-Museumsbeirates in spe den französischen ex-Präsidenten François Mitterrand.
Wer das oben verlinkte Eckpunktepapier gelesen hat, wird sich unschwer die lebhafte Diskussion im prachtvollen Spiegelsaal vorstellen können. Großer Diskussionspunkt auch der Beirat, den das Konzept vorschlägt. Der Beirat, so sieht es das Eckpunktepapier vor, »setzt sich zusammen aus der Bezirksamtsleitung, dem Vorsitz der Bezirksversammlung, einer Vertretung der Kulturbehörde, dem Museumsleiter sowie 8 durch die Bezirksversammlung hinzu gewählter Bürger.« Anwesende Vertreter der Fraktionen forderten, dass die Bezirksfraktionen Mitglieder in den Museumsbeirat entsenden sollten. Andere wiederum schlugen die Hände über dem Kopf zusammen bei dieser Idee: Der Museumsbeirat müsse unabhängig von der Politik arbeiten, sonst sei das Museum bald ein Spielball der Politik. Die Frage, die dann kam, entlockte Arne Dornquast ein breites Grinsen: Wer denn eigentlich überhaupt das letzte Wort bei den Beiratsentscheidungen haben solle? »Ich!« kam es postwendend aus dem Munde des Bezirksamtsleiters. Ein Raunen ging durch die Versammlung.
Vertreter beider Freundeskreise Harm Reese von »Freunde des Museum für Bergedorf und die Vierlande« und Herr Witt vom»Freundeskreis Rieck Haus« sowie Gerd Hoffmann vom »Bergedorfer Bürgerverein« berichteten, dass ihre Vereine das Eckpunktepapier noch diskutierten und sich in Kürze äußern werden.
Der Austausch über das Eckpunktepapier konnte die seit Monaten in Bergedorf andauernde Diskussion also ein Stückchen weiterbringen. Allein, die hinter allem stehende Frage: Wie kann eine solide Finanzierung des Projektes »Schloss und Rieck-Haus in Bergedorfer Hand« sichergestellt werden, ohne dass die Häuser zunehmend kommerzialisiert werden und ohne dass die wissenschaftliche, museale Arbeit leidet«, diese Frage hängt weiterhin wie ein Damoklesschwert über allem. Helmut Sander lässt momentan unter Hochdruck in seinem Haus ermitteln, was das Museum im Bergedorfer Schloss die Stiftung in den letzten Jahren gekostet hat und welcher Anteil des SHMH-Budgets in Zukunft direkt nach Bergedorf gehen könnte. Diese Zahlen will er in wenigen Wochen vorlegen. Dann können Arne Dornquast und seine Mannen besser rechnen, was geht und was nicht geht.
Es hat wohl niemand die Illusion, dass sich Hammonias Kulturtöpfe plötzlich wundersam mehren. Kultur ist mindestens seit den 1980er-Jahren stets das Schaf gewesen, das zuerst geschoren wurde. In Bergedorf wird es an eine Quadratur des Kreises heranreichen, aus wenig Mitteln genug zu schaffen für existenzfähige Museen, die diese Bezeichnung auch weiterhin verdienen und nicht zu Kirmesbuden umfirmiert werden. Wo Arne Dornquast die fehlenden Mitteln finden wird, bleibt also die spannende Frage. Denn auch Museen funktionieren nicht mit Hingabe allein.
Helmut Sander, Vorstand und kaufmännischer Leiter der SHMH (links); Prof. Dr. Lisa Kosok (rechts; stehend), Arne Dornquast und Dagmar Strehlow (sitzend) während der Kulturausschusssitzung am 8. Februar 2012
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