Kirchwerder feiert 800 Jahre St. Severini

Der Flora-Chor in der St. Severini-Kirche zu Kirchwerder
Der Flora-Chor in der St. Severini-Kirche zu Kirchwerder
19.05.12 | 860 Jahre ist Kirchwerder mindestens alt, doch schriftlich belegt ist das Dorf erst seit 1212. Weil auch so eine 800 Jahre alte Urkunde ein schöner Anlass zum Feiern ist, hat sich die Dorfgemeinschaft eine tolle Festwoche ausgedacht. Vom 3. bis 10. Juni 2012 findet ein vielfältiges kulturelles Programm statt, bei dem die Kirche im Mittelpunkt steht, das aber auch sonst außergewöhnlich viel zu bieten hat.

So stehen mit einem Konzert im Rahmen der Bergedorfer Musiktage und der »Carmina Burana« als Abschlusskonzert zwei musikalische Leckerbissen auf dem Plan, die man nicht ohne weiteres »auf dem Dorf« erwarten würde. Wer sich dafür interessiert, wie das, was ist, so geworden ist, wie es ist, für den haben Pastor Sach und der Heimatverein »De Latücht« einen schönen Festvortrag über die Entwicklung der Kirchwerder Kirche vorbereitet. Choraufführungen, Kaffeetafeln, eine Beachparty und viele Stunden gemütlichen Beisammenseins bei Speis, Trank und Gesang lassen keine Wünsche offen. Und für gutes Wetter bei Kirchwerders 800-Jahr-Feier wird schon der Namensgeber der Kirche sorgen: St. Severin, der Strenge, der gutes Wetter machen und gegen Unglück eintreten kann.

Es folgt das Programm:

FESTWOCHE 800 Jahre St. Severini - Kirche

Sonntag, 3. Juni
Pfeil 10.00 Uhr Festgottesdienst
Pfeil 17.00 Uhr Konzert im Rahmen der Bergedorfer Musiktage
Requiem von John Rutter, Hornkonzert in D-Dur von Joseph Haydn, Choralkantate »Meinen Jesum lass ich nicht« von Max Reger
mit den Kantoreien St. Severini zu Kirchwerder und St. Andreas zu Harvestehude und der Hamburger Camerata; Leitung: Jürgen Henschen

Dienstag, 5. Juni

Pfeil 15:30 Uhr Tag der Offenen Tür beim Kindergarten
Pfeil 17:30 Uhr Tagesausklang mit Grillen

Donnerstag, 7.6.
Pfeil 19:30 Uhr Festvortrag von Pastor Sach und dem Vierländer Kultur- und Heimatverein »De Latücht« in der Kirche zur »Entstehungsgeschichte der Kirchwerder Kirche«


Freitag, 8. Juni
Pfeil 18 - 21 Uhr Beachparty in der Pastoratsscheune. Motto: »Die Jugend macht Urlaub«

Sonnabend, 9.6.
Großes Gemeindefest im Pasterpark
Pfeil 14 Uhr Andacht im Park
anschl. Kindermusical »Der Regenbogenfisch« mit dem Kinderchor Fünfhausen; Leitung: Ina Rosenau
Pfeil 15 Uhr Buntes Programm bei Kaffee und Kuchen
»Canto Elementar«: Senioren und Kinder singen gemeinsam (Kinderchor Fünfhausen, Kindertrachtengruppe, gemischter Flora-Chor und Landfrauenchor)
Kinderprogramm: Hüpfburg, Schmink- und Bastelstände, Rollenrutsche
Abends Grillen

Sonntag, 10.6.
Pfeil 10.00 Uhr Festgottesdienst mit Pröpstin Dr. Murmann. Weitere Teilnehmer: Pastoren Gottfried Lungfiel und Ulrich Billet, Kirchenmusikdirektor Ekkehard Richter (Orgel), Boris Havkin (Trompete), Ulrike Meyer (Sopran), Prof. Dr. h.c. W. Hartmann (Vorsitzender der Kirchenkreissynode des Kirchenkreises Hamburg-Ost), Arne Dornquast (Bezirksamtsleiter), Bernd Capeletti (Vorsitzender des Regionalausschusses) sowie der Gemeinde und Gästen.
Pfeil 16.00 Uhr Abschlusskonzert: Carmina Burana von Carl Orff
mit der Sänger Akademie Hamburg und den Flora-Chören; Leitung: Klaus-Peter Samson


Kirchwerder blickt auf eine sehr bewegte Geschichte zurück; nicht nur, aber auch, was seine Kirche und einige seiner Geistlichen betrifft. Viel ist im Lauf der Jahrhunderte an der Kirche herumgebaut und verändert worden und mit einigen Pastoren gab es Streit; einen von ihnen kostete es das Leben. Kirchwerder geht, so ist bei Wikipedia nachzulesen, auf eine Ansiedlung namens Remerswerder zurück. In alten Chroniken ist von einer Insula Kercwerdere – Flussinsel mit Kirche – die Rede. Spätestens seit 1319 existierte eine Feldsteinkirche auf der damals schon längst eingedeichten Elbinsel. Die Kirche war von den Zisterziensern des Klosters Scharnebek errichtet worden, welche hier 1142 an die 300 Hektar Land gekauft hatten, wie Stephanie Pelch aus dem Kirchenvorstand von St. Severini berichtet. Reste dieser Feldsteinkirche sind in dem bis heute vielfach erweiterten und umgebauten Kirchbau zu erkennen.

Später wurden die Feldsteine fast vollständig durch Backsteine ersetzt. Im 17. Jahrhundert bekam die Kirche das Brauthaus angebaut und zeitgleich mit der Französischen Revolution fand eine grundlegende Erneuerung des Kirchenbaus statt, womit die »überflüssigen Spuren des grausesten Altertums« getilgt werden sollten. Der große Friedhof beherbergt die größte Grabplattensammlung Nordeuropas. Diese vor Verwitterung und Zerfall zu schützen hatte sich der inzwischen in Ruhestand getretene Pastor Joachim Sach vorgenommen und einen Spendenaufruf gestartet. Das Projekt wartet noch auf seine Vollendung.

Dass die Kirchwerderaner auch früher schon ihre eigenen Vorstellungen hatten, wie die Dinge zu laufen haben, darauf deuten zwei belegte Ereignisse aus der Zeit kurz vor der Religionsspaltung hin. So trug es sich zu, dass fünf Eingesessene ihren Pfarrer Diedrich Dobeler erschlugen – wann, wo und warum, das führen die Lübecker Akten nicht auf, in denen die unsittliche Tat im Zusammenhang mit der Aufhebung des Großen Kirchenbanns 1470 beschrieben ist, welcher deswegen verhängt worden war. Wenige Jahre später berichten die Hamburger Kämmereirechnungen zum Jahr 1480 von erneuten Unstimmigkeiten zwischen Gemeindemitgliedern und ihrem Geistlichen. So zitierte Ernst Finder vor 90 Jahren aus den Akten, »daß die hamburgischen Ratsmitglieder Hinrich Murmester, Hermann Langebeck und Lüder von Hadelen sich nach Eßlingen (Zollenspieker) begeben hatten, um dort außer der Erledigung anderer Angelegenheiten Frieden zu stiften zwischen den Kirchspielseingesessenen und ihrem Geistlichen – ad pacificandum incolas parrochie kerkwerder et viceplebanum ibidem. « Seitdem sich zwischen 1528 und 1530 die Reformation auch in Hamburg und Lübeck durchgesetzt hat, sind keine derartigen Zwistigkeiten mehr verzeichnet.

Mehr Interessantes wird sicher in dem Festvortrag von und mit Pastor Sach am 7. Juni zu lernen sein und auch für historisch nicht so Interessierte hält die Festwoche in Kirchwerder allerlei Gelegenheiten für Spaß, Spiel und gute Nachbarschaft bereit.

Info-Tafel St. Severini-Kirche zu Kirchwerder
Knapp und präzise steht geschrieben:
Kirchwerder besteht seit mindestens 800 Jahren.

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