»Wir leben hier auf drei Giftbomben!«

Einfahrt verboten-Schild, im Hochwasser
Wasser hat keine Schranken.
Und Wasser wäscht Gifte aus dem Boden heraus.
Sandra Petersen aus der Geesthachter Hans-Meyer-Siedlung brachte es auf den Punkt: »Wir leben hier auf drei Giftbomben!«, erklärte sie am letzten Freitag in Waltrauts und Wolfgangs »Gasthaus Schween«. Mit rund 100 Teilnehmern, die zu der Info-Veranstaltung »Land unter in den Borghorster Elbwiesen« gekommen waren, hatte sie viele aufmerksame Zuhörer. Alle wollten mehr über die Maßnahme wissen, mit der die Freie und Hansestadt Hamburg die Borghorster Elbwiesen mit Elbwasser fluten will. Hier soll der so genannte Naturausgleich für das 2001 zugeschüttete Mühlenberger Loch entstehen, wo Industriefläche für Airbus geschaffen und ein wertvolles Naturschutzgebiet zerstört worden ist.

Hamburg ist sich sicher, das Richtige zu tun, hat es auch eilig, nach über 10 Jahren den fälligen Ausgleich endlich hinzubekommen. Allein, die Anrainer im Grenzgebiet zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein fürchten die möglichen Folgen der Vernässung, allen voran steigende Grundwasserspiegel und Qualmwasser. Die gefährden nicht nur Wohn- und Arbeitsstätten, sondern könnten auch vermehrt die gefährlichen Giftstoffe ins Grundwasser spülen, mit denen der Boden kontaminiert ist. »Wir sitzen hier in Geesthacht auf drei Giftbomben: Schäferstrift, die Teer-Öl-Abscheidegrube in der Plaisirstraße und Bunkerwald.«, sagte Frau Petersen. Gefahr im Verzug also schon jetzt, aber erst recht, wenn das Grundwasser steigt.

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Beklagenswert: Nächste Elbvertiefung beschlossene Sache

grafik: Historie der Elbvertiefungen.
Historie der Elbvertiefungen.
Grafik: Dr. Joachim Taubert
Laut Senatsmitteilung vom heutigen Donnerstag ist die Fahrrinnenvertiefung der Elbe auf eine Sohltiefe von bis zu 17,4 Metern am 23. April 2012 beschlossen worden. Heute sei der Beschluss und damit die Baugenehmigung den Vorhabenträgern übergeben worden. Ab dem Morgen des 25. Mai soll dann der Planfeststellungsbeschluss zur öffentlichen Einsichtnahme ausliegen und kann bis einschl. 7. Juni 2012 eingesehen werden, z.B. im Bergedorfer WZB im Kundenfoyer im EG:
Bezirksamt Bergedorf
WZB (Zentrum für Wirtschaftsförderung, Bauen und Umwelt)
Wentorfer Str. 38a, 21029 Hamburg Mo, Di, Do u. Fr 8.00-12.00 Uhr, Do 14 bis 18 Uhr.

2 Wochen Zeit, um den Beschluss auf Papier zu lesen (bzw. 6 Wochen für den, der Internet hat: Beschluss inkl. Anlagen im Volltext abrufen) und zu versuchen, sich ein fundiertes Bild davon zu machen, was Ingenieure, Juristen und sonstige Planer in einem jahrelangen Prozess entwickelt haben.

Ab dem 8. Juni 2012, im Anschluss an die Auslegungsphase, gibt es einen Monat Zeit, gegen den Beschluss zu klagen. Die Umweltverbände NABU, BUND und WWF bezeichnen den Beschluss als »Kniefall vor der Containerschifffahrt« zu Lasten von Natur und Umwelt; sie wollen jetzt prüfen, ob sie gegen den Beschluss klagen. Schon im Vorfeld wurde beklagt, dass es für die Sichtung und Analyse des mehrere Tausend Seiten umfassenden Beschlusses inkl. Gutachten und Kompensationsmaßnahmen nur wenige Wochen Zeit gebe, während die beteiligten Bundesländer mehrere Monat für das Selbe Zeit hatten. Die berechtigte Forderung nach Überlassung des Beschlussentwurfs hatte die Behörde mit fadenscheinigen Begründungen zurückgewiesen.

Bis zum Ende der Klagefrist Anfang Juli werde nicht mit dem Bau begonnen, versichern die Vorhabenträger, die BWVI (Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation) und die WSD Nord (Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord in Kiel).

Umweltschützer und viele Anwohner sehen in der jetzt beschlossenen Elbvertiefung eine weitere Gefährung von Natur und Siedlungsraum. Bisher hat sich mit jeder Elbvertiefung der Tidenhub im Elbästuar vergrößert. Darauf addiert sich noch der Effekt steigender Meeresspiegel und zunehmender Starkniederschläge, beides Folgen der eingetretenen Klimaerwärmung. Klimaforscher prognostizieren, dass der Hochwasserschutz spätestens ab 2030 nicht mehr ausreichen könnte.

Für das schwebende Verfahren hinsichtlich der Airbus-Ausgleichsmaßnahme in den Borghorster Elbwiesen könnte der Beschluss zur Elbvertiefung eine teilweise Neubewertung der Maßnahmen erfordern, die zum Schutz der Siedlungen vor Vernässung durch Qualm-, Grund- und verlangsamt abfließendem Oberflächenwasser vorgesehen sind. Der Beschluss für die Wiedervernässung der Borghorster Elbwiesen soll dem Vernehmen nach im Juni 2012 fallen; ob die nun genehmigte Elbvertiefung hier zu einer Verzögerung führt, ist die Hoffnung vieler, die betroffen wären, wenn der technische Hochwasserschutz allen Beteuerungen zum Trotz versagen würde. Denn auch am obersten Ende der Tide-Elbe führt die nächste Elbvertiefung zu verschärften Bedingungen, soviel ist klar.

Wasser: Bergedorfs stärkste Wirtschaftskraft

fake brochureIhr wassertouristisches Konzept für den Stadtteil Bergedorf hat gestern die Landeszentrale für Touristik vorgelegt. Die mit 84 Seiten umfangreiche Broschüre zeigt auf dem Titelblatt die idyllische Landschaft am Oberen Knollgraben, einem der Standorte, an dem sich die neuen Industrien erfolgreich ansiedeln: Dallmaier's Wasserpest-Farm sowie mehrere Sportbootverleiher sorgen hier für eine erste Belebung der lokalen Neuen Wasserwirtschaft (NWW).

Staatsrat Volker Bange lobte die Mitarbeiter der Landeszentrale für ihre progressiven und zukunftsweisenden Ideen und Vorschläge, von denen einige auch schon umgesetzt seien. Neben dem »Oberen Knollgraben« seien zunächst drei weitere Entwicklungsschwerpunkte geplant: Die submarinen Shoppingmeilen »Im Serrahn«, in denen auch die Räume der Mittleren Wasserbehörde untergebracht werden sollen; die Logistikparks »Allermöhe Tief«, die neben Lagerblasen auch den Großhandel und einen Händler für Wet Bikes beherbergen sollen; die amphibische »Erlebnisworld Vineta«, die sich vom ehemaligen Nettelnburg bis nach Lohbrügge-Oben und ans Bergedorfer Schloss hinziehen und Spezialrabatte für die Ex-Bewohner der tiefliegenden Gebiete beinhalten soll. Das Bergedorfer Schloss, das wie weite Teile Bergedorfs unter Niveau liegt, war im Sommer 2012 mit Spundwänden einigermaßen vor Hochwasser geschützt worden – eine Schenkung der Stadt Geesthacht, bei deren Hochwasserschutzbaumaßnahmen Spundwände übriggeblieben waren.

Die tiefliegenden Gebiete waren erstmalig bei den legendären Sturmfluten im Herbst 2012 mehrere Meter überschwemmt worden. Im Zuge der Deichrückbaumaßnahmen an der Oberen Tideelbe einerseits und der Vertiefung der Elbe andererseits war es zu einem Meierschen Paradoxon gekommen: Der Tidenhub hatte sich exponential vergrößert und die Elbe an Allerheiligen 2012 schlagartig 1,90 höher als maximal erlaubt auflaufen lassen. Der Tag ist in die Geschichte eingegangen, als die Elbe unaufhaltsam bis an den Geesthang herantreten war und auf einen Schlag mehr als 23 Tausend obdachlos wurden. Der Staatsrat erinnerte daran, wie es leicht zu einer Katastrophe hätte kommen können, wenn nicht alle Bewohner der Elbmarschen zufällig an diesem Tag in Hannover gegen die Elbvertiefung demonstriert hätten. Manchmal sei ziviler Aktionismus doch ganz nützlich, so der Regierungsangehörige jovial, dessen Behörde seit der Allerheiligenflut 2012 auch die Wirtschaftsbehörde untersteht.

Das Wasserwerk muss nicht für trockene Keller sorgen

Frischwasserrohr im Wasserwerk Curslack
Blau ist die Farbe der Frischwasserrohre. Hier durchragt eines den Boden in der Lobby des Wasserwerks Curslack.
Die Trinkwasserversorgung der Stadtbevölkerung, dabei Mindestwasserstände gewährleisten und die eigenen Gräben sauber halten: Das sind die Pflichten, die das Wasserwerk Curslack hat. Das Wasserwerk ist nicht für die Absenkung des oberflächennahen Wassers zuständig. Gegen Überflutungen nach Starkregenereignissen und hohe Grundwasserspiegel müssen demnach andere Maßnahmen ergriffen werden. Dies ist das Fazit der Informationen, die die Drs. Czekalla und Müller von HamburgWasser gestern im Bergedorfer Regionalausschuss referierten.

Auf Antrag mehrerer Fraktionen gaben gestern die beiden Experten der Hamburger Wasserwerke Antworten auf die zunehmend drängenden Fragen der Entwässerung in den Vierlanden. In der Politik und in der Bevölkerung existiert seit längerem der Verdacht, dass das Wasserwerk Curslack nicht genügend zur Entwässerung unternähme. Der ungewöhnlich nasse Januar hatte das Vernässungsproblem erneut aufs Tapet gebracht, als auch weite Teile von wieder Curslack unter Wasser standen.

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Elbvertiefung: Behörden verweigern Auskunft

outnumbering the big one23.02.2012 | Stadt und Land Hamburg wollen sie um jeden Preis und erhoffen sich weiteres Wirtschaftswachstum von ihr, Anrainer und Naturfreunde lehnen sie ab und sehen in ihr eine weitere Bedrohung ihres Wohn- und Arbeitsumfeldes: Die geplante Elbvertiefung ist umstritten. Die planenden Institutionen wollen dabei ihre Arbeit mit der geringstmöglichen Beteiligung der betroffenen Anwohner und Landwirte erledigen. Schon gar nicht wollen sie eine fortgesetzte, informierte öffentliche Diskussion haben, denn diese, so meinen sie, stört die Arbeit in den Amtsstuben nur.

Deshalb haben die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord (WSD-Nord) und die Planfeststellungsbehörde Hamburg jetzt auch die Herausgabe des Entwurfes des Planfeststellungsbeschlusses zur Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe, vulgo: Elbvertiefung an die besorgten Bürger abgelehnt.

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Reparaturen am Este-Sperrwerk sollen bis Oktober dauern [Update]

Boje Durchfahrt verboten Eisschollen23.02.2012 | Anfang Dezember letzten Jahres hat eines der Fluttore am Sperrwerk Estemündung beim Schließen aus noch unbekannter Ursache Schaden genommen; das eigentlich redundant ausgelegte Sperrwerk ist seither nur noch einfach gesichert, die Straße darueber zurzeit provisorisch befahrbar. Am heutigen Donnerstag meldete sich die zuständige HPA (Hamburg Port Authority) wieder dazu und teilte mit, dass sie die Reparatur vollständig außerhalb der Sturmflutsaison durchführen will.

Wegen der Reparaturarbeiten muss die Straße über das Sperrwerk bei Cranz ab April 2012 für gut fünf Monate gesperrt bleiben. Nur im Sommer wird die Straßenbrücke zwischen Ende Juni und Mitte Juli für rund drei Wochen befahrbar sein. In dieser Zeit wird das defekte Sperrwerkstor noch auf der Werft sein und der erste Arbeitsabschnitt am Sperrwerk selbst schon abgeschlossen sein, erklärte ein Sprecher der HPA. Ab Mitte Juli solle dann mit dem Wiedereinbau des Fluttors begonnen werden. Schiffsdurchfahrten sind nur an den Wochenenden möglich.

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Hochwasserschutz ab 2030 nicht mehr ausreichend?

Erinnerungsschild in der Haseldorfer Marsch an die Sturmflut von 1962
Erinnerungstafel in der Haseldorfer Marsch an die Sturmflut von 1962 (5.82 Meter über NN). N. e. Foto v. Huhu Uet
Würde die Sturmflut von 1962 heute, 50 Jahre später passieren, dann würde sie allein aufgrund des gestiegenen Meeresspiegels 10 Zentimeter höher auflaufen. Das sagen Wissenschaftler vom Institut für Küstenforschung am Helmholtz Zentrum in Geesthacht. Die Stürme hätten zwar, im Gegensatz zum Meeresspiegel, noch keine neue Qualität, doch rechnen die Geesthachter Küstenforscher auch mit der zukünftigen Änderung des Windklimas. Zusammen mit einem weiter ansteigenden Meeresspiegel wird das bewirken, dass Sturmfluten bis zum Ende des 21. Jahrhunderts um etwa 30 bis 110 Zentimeter höher auflaufen als heute, so die Berechnungen. So wie es jetzt aussieht, reicht unser heutiger Hochwasserschutz noch etwa 18 Jahre aus. Danach müsse »die Situation neu bewertet werden«, meinen die Experten lakonisch.

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