Artikel mit Tag wirtschaft

»Umweltpolitik soll nicht unter die rot-grünen Räder kommen«

Stephan Jersch, Abgeordneter der Hamburgischen Bürgerschaft (Die Linke.)
Stephan Jersch, Abgeordneter der Hamburgischen Bürgerschaft (Die Linke.)
In ihrer Klausurtagung hat die Fraktion der LINKEN in der Hamburgischen Bürgerschaft ihre Fachsprecher/innen festgelegt. Damit ist Stephan Jersch jetzt zuständig für die Bereiche Umwelt und Wirtschaft.

Jersch, der vor seinem Bürgerschaftsmandat für sechs Jahre den Fraktionsvorsitz der Bergedorfer LINKEN innehatte, sagte zu seinen neuen Aufgaben: »Mit dem, was aus den Koalitionsverhandlungen bekannt geworden ist, wird DIE LINKE gefordert sein, dafür zu sorgen, dass die Umweltpolitik nicht unter die Rot-Grünen Räder gerät. Hamburg braucht eine zukunftsorientierte ökologische Ausrichtung, auch um unserer Wirtschaft eine Perspektive zu bieten.«

Sabine Boeddinghaus, die zusammen mit Cansu Özdemir den Vorsitz der Bürgerschaftsfraktion der LINKEN von Dora Heyenn übernommen hat, ergänzte: »Wir streiten auch weiterhin gewohnt pointiert und selbstbewusst als einzige linke Opposition für soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit in unserer Stadt.«


Auf Kollisionskurs in Hamburg: TTIP, CETA und die Bürgerschaftswahl

Cover der CAMPACT-Broschüre »TTIP und CETA in Hamburg«
Cover der CAMPACT-Broschüre »TTIP und CETA in Hamburg«
Pünktlich zum Beginn der heißen Phase im Hamburger Wahlkampf legte CAMPACT heute die lesenswerte Broschüre "Auf Kollisionskurs mit der Demokratie: TTIP & CETA in Hamburg" vor.

Arbeits- und Sozialrechte in Gefahr, Umweltstandards ebenso, drohende Schadenersatzklagen von internationalen Unternehmen - Vattenfall macht's vor - all das und noch viel mehr würden die Freihandelsabkommen TTIP und CETA uns bringen, sollten sie in Kraft treten.

Die Hamburger CDU, die FDP (ja, es gibt sie immer noch) und ein Teil der SPD sind für TTIP und CETA, versprechen sich und uns wirtschaftliche Vorteile davon. Grüne, Linke und ÖDP lehnen die neoliberalen Vertragsentwürfe ab. (Das wird ab 23. Januar auch der Wahl-O-Mat zeigen.)

Wer wissen will, was uns TTIP und CETA in Hamburg konkret bescheren könnten - vom Fracking über die Daseinsvorsorge und Bürgerrechte bis zum Hafen - und was man dagegen tun kann, der kann sich »Auf Kollisionskurs mit der Demokratie: TTIP und CETA in Hamburg - Folgen der EU-Handelsabkommen mit den USA und Kanada« von Thomas Fritz unter Mitarbeit von Florian Kasiske kostenlos auf sein Endgerät laden: blog.campact.de



Diskussion: Ethische Wirtschaft und gutes Leben für alle

Titel der Veranstaltung "Gemeinwohlökonomie statt Kapitalismus"Prekäre Arbeitsverhältnisse, deren Entlohnung nicht zum Leben reicht, eine Zunahme ungleicher Vermögensverteilung, hohe Arbeitslosigkeit, eine gesteigerte Arbeitsverdichtung und Druck am Arbeitsplatz u.a. führen zu dem Ergebnis einer Bertelsmannstudie: „Zwei von drei Befragten misstrauen demnach bei der Lösung der Probleme den Selbstheilungskräften der Märkte. Der Kapitalismus sorge weder für einen "sozialen Ausgleich in der Gesellschaft" noch für den "Schutz der Umwelt" oder einen "sorgfältigen Umgang mit den Ressourcen".

Inwiefern die Gemeinwohl-Ökonomie - neben anderen Ansätzen wie z. B. der Solidarischen- und Postwachstums-Ökonomie - eine sinnvolle und machbare Alternative zum „Raubtier-Kapitalismus“ sein könnte und diese Ideen auch in Bergedorf umgesetzt werden können, soll auf Einladung von attac Bergedorf diskutiert werden:

Information+Diskussion zur
GEMEINWOHLÖKONOMIE
mit
Prof. em. Dr. Bernd Fittkau und Gerd Lauermann, Beirat und Mitglieder der GWÖ-Regionalgruppe Hamburg, sowie Norbert Reinermann, Druckerei Zollenspieker.
Montag 26. Januar 19:30 Uhr
Gewerkschaftszentrum, Serrahnstr. 1



"Diskussion: Ethische Wirtschaft und gutes Leben für alle" vollständig lesen

»Gemeinschädliche Einwirkungen sind nicht zu erwarten«

Hamburger Rathaus, verzerrt
Hamburger Rathaus, verzerrt (n. e. Foto vom Honigschlecker)
Hamburg, 23. August 2013 | »Mit uns soll es kein Fracking in Hamburg geben«, lautet die Botschaft, die Umweltsenatorin Jutta Blankau, SPD, gestern erneut bekräftigte. In der Senatsbefragung, die der Umweltausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft gestern zum Thema »Fracking in Hamburg« durchgeführt hat, erläuterte sie geduldig ein weiteres Mal, dass mit der Aufsuchungserlaubnis Vierlande lediglich die Auswertung von Daten erlaubt sei. »Die Erlaubnis konnte nicht versagt werden, weil eine Datenanalyse keine Schäden verursachen kann.«, folgerte Blankau und zeigte damit gravierende Kenntnislücken der herrschenden Rechtslage.

»Es wird auf Hamburger Boden kein Fracking geben.«, setzte sie dem Protest entgegen, der auch in Hamburg wächst. Etwaige umwelt- und trinkwasserbezogene Bedenken würden dann später im bergrechtlichen Genehmigungsverfahren betrachtet, ließ Blankau ihren bergrechtlichen Berater Klaus Söntgerath ausführen. Seien gemeinschädliche Auswirkungen zu erwarten, dann werde der beantragte Betriebplan nicht zugelassen, sagte Söntgerath.

Auch Dr. Günner als Vertreter der Hamburger Wasserwerke (HWW) hatte beruhigende Worte für die Ohren der Abgeordneten. Er präsentierte die Position der HWW zum Fracking vor Ort: Fracking auf Hamburger Staatsgebiet wird aus Gewässerschutzgründen in Trinkwasserschutz- und Trinkwassereinzugsgebieten abgelehnt. Für den Einsatz der Technik Fracking stünden in Deutschland außerhalb von Gebieten zur Trinkwassergewinnung geeignete Regionen zur Verfügung, sagte Günner. Er projezierte eine Karte der Metropolregion Hamburg, auf der diese Gebiete sowie schon erteilte Aufsuchungsfelder aufgetragen waren: Die Schutz- und Aufsuchungsgebiete überlappen sich großflächig, die Unmöglichkeit, dort zu fracken, ist augenscheinlich. Wäre auf der Karte nicht das Aufsuchungsgebiet Schwarzenbek vergessen worden, wäre die Botschaft noch deutlicher gewesen: Dort befindet sich der überwiegende Teil des Einzugsgebietes des Wasserwerks Curslack, das über 20 Prozent des Hamburger Trinkwassers liefert.

Die Abgeordneten hatten viele Fragen, waren aber auch nach der Expertenanhörung vom 08.08.2013 (Wortprotokoll [PDF]) noch nicht ausreichend firm und vom exotischen Bergrecht überfordert und erkannten die Tragweite der schon gefällten Entscheidungen offenbar nicht. Sie schienen auf den Schein von Sicherheit hereinzufallen, den die Senatsvertreter ihnen suggerierten und stellten viele Fragen nach kritischen Punkten nicht oder nur zaghaft, ohne nachzuhaken, obwohl Fachleute aus der Bürgerinitiative FrackingFreies Hamburg ihnen einen ganzen Katalog kritischer Fragen zur Verfügung gestellt hatten.

So unterblieb beispielsweise die Klärung der Frage, warum die nach weitgehend einhelliger Auffassung namhafter Juristen zwingend notwendige Prüfung der Versagensgründe gem. § 11 Nr. 10 - Versagungsgründe aus öffentlichen Interesse bei der Erteilung der Aufsuchungserlaubnis unterblieben ist und ob die Aufsuchungserlaubnis damit rechtswidrig erteilt worden sei. Bemerkenswert waren die Erklärungsversuche der Spezialisten in Blankaus Stab, dem schon erwähnten Klaus Söntgerath vom Landesbergamt in Hannover und dem Juristen Andreas Richter aus der Wirtschaftsbehörde: Die naturschutz- und gewässerschutzfachlichen Bedenken der BSU seien erst im Zulassungsverfahren für Betriebspläne zu berücksichtigen und zwar gemäß § 55 Nr. 1 bis 9 BBergG, und zwar insbesondere die Nr. 9: Die Zulassung des Betriebsplans ist zu erteilen, wenn »gemeinschädliche Einwirkungen der Aufsuchung oder Gewinnung nicht zu erwarten sind«. Die bekannten Gründe, diese Zulassung nicht zu erteilen, kämen dann zum Zuge, so die beiden Experten. Dass Exxon die Aufsuchung trotzdem beantragt hat, obwohl doch demnach klar sei, dass eine Aufsuchung oder Gewinnung faktisch ausgeschlossen sei, leuchtete den Abgeordneten nicht ein. Blankaus und Richters bestechende Antwort: Die Stellungnahme der BSU enthalte im Wesentlichen Risikohinweise. Der Firma sei das Risiko bekannt, wenn sie hier trotzdem investierten, dann sei das ihre Sache.

Die drei seit dem Frühjahr anhängigen Anträge zum Fracking wurden in dieser Sitzung nicht beschlossen. Die Linke. fordert einen Erkundungsstopp, die Grünen ein Fracking-Moratorium und die CDU will die Aufsuchungerlaubnis kritisch begleiten. Dr. Monika Schaal, SPD, machte zum Abschluss der Senatsbefragung den Vorschlag, daraus ein gemeinsames, fraktionsübergreifendes Petitum zu formulieren.

Unabhängig vom Umweltausschuss und schon drei Tage vor der Senatsbefragung hat Dennis Gladiator, CDU, die Frage nach der »Sachgerechten Prüfung des Versagungsgrundes des § 11 Nummer 10 des Bundesberggesetzes (BBergG)« mit einer Schriftlichen Kleinen Anfrage dem Senat gestellt. Die Antwort sollte binnen 7 Tagen vorgelegt werden.

Die um den Erhalt ihres Trinkwassers und ihrer intakten Umwelt besorgten Bürgerinnen und Bürger trauen dem trügerischen Frieden nicht. Unter dem Motto »Keine Stimme für Fracking« kündigen sie eine Demonstration in Rathausnähe am bundesweiten Anti-Fracking-Tag an.

Bis jetzt konnte kein deutscher Politiker den Bürgern versprechen, dass es in Deutschland nicht auch zu Zuständen kommen kann, wie sie aktuell in England herrschen. Davor haben die Menschen Angst:
Großbritannien: Fracking? Nein, danke! Ein Dorf geht gegen Regierungspläne auf die Barrikaden
[Text] [Mitschnitt]

Wassermangel: Tideelbe in Atemnot

Tote Fische in sauerstoffarmem Gewässer
Wenn das Flusswasser zu wenig Sauerstoff enthält, stirbt das Leben darin. (Symbolfoto: soebe)
Hohe Temperaturen, viel Biomasse und wenig Wasser von oben führen zu bedrohlichem Sauerstoffmangel in der unteren Tideelbe und im Hamburger Hafen. Die vertiefte Fahrrinne verstärkt das Problem, sagt das Bündnis Tideelbe (BUND, NABU und WWF) und fordert: Weitere Vertiefung der Tideelbe nicht genehmigungsfähig! Dass der Sauerstoffmangel hauptsächlich vom zu geringen Zufluss von Oberwasser bedingt ist, meint das Bündnis »Rettet die Elbe« e.V. und fordert, den Zufluss von Oberwasser nicht zu stark zu drosseln, um den Sauerstoffgehalt des Hafenwassers in vitalen Grenzen zu halten.

Das Aktionsbündnis “Lebendige Tideelbe“, zu der sich BUND, NABU und WWF zusammengeschlossen haben, warnt vor einer weiteren Destabilisierung des Gewässersystems: »Innerhalb von nur wenigen Tagen rutschte der Sauerstoffgehalt der Tideelbe (Station Seemanshöft, WGMN) von mehr als 6 mg/l auf unter 3 mg. Bereits Sauerstoffverhältnisse unter 4 mg pro Liter wirken sich negativ auf Fische aus – sie bekommen schlichtweg keine Luft mehr.

Hohe Nährstoffeinträge im Zusammenspiel mit sommerlichen Temperaturen verstärken derzeit das Problem, das seit der letzten Elbvertiefung 1999 fast jährlich zu beobachten ist. Regelmäßig werden unterhalb des Hamburger Hafens in den Sommermonaten Sauerstofflöcher gemessen, die vor allem die Fischfauna schädigen. Das Bündnis rechnet damit, dass die Sauerstoffwerte in den nächsten Tagen noch weiter sinken. „Die nächste Elbvertiefung würde mit schwerwiegenden Veränderungen des Gewässers einhergehen und das Sauerstoffproblem zusätzlich verstärken. Dies ist mit den Vorgaben des Europäischen Wasserrechts nicht vereinbar“, so Manfred Braasch vom BUND.

Die Klage des Aktionsbündnisses gegen die Elbvertiefung ist derzeit beim Bundesverwaltungsgericht anhängig. Wegen der Vorlage grundsätzlicher europäischer Wasserrechtsfragen im parallelen Weserverfahren durch das Bundesverwaltungsgericht beim Europäischen Gerichtshof rechnet das Aktionsbündnis damit, dass sich auch die Entscheidung bezüglich der Elbvertiefung weiter verzögern wird.«

Update 28.07.2013:
Gegen die Elbvertiefung gibt es viele Argumente und Besorgnisse, für die Elbvertiefung sprechen wirtschaftliche Argumente. Für den akuten Sauerstoffmangel gibt es aber noch einen ganz anderen Grund als bisherige und zukünftige Vertiefungen der Fahrrinne: Die Tatsache, dass jetzt im Sommer zu wenig Wasser den Fluss hinab fließt, weil die Oberlieger zu viel Wasser für sich behalten. Dies erklärt der Förderkreis »Rettet die Elbe« eV in seiner Pressemitteilung von gestern und tritt gleichzeitig (Achtung! Satire!) für die nächste Elbvertiefung ein:

»*Die Oberlieger müssen Wasser spenden! Das Sauerstoffloch darf dem Hafen nicht schaden*

Endlich einmal floss in diesem Jahr reichlich Wasser durch die Elbe, so dass der Hafen gründlich durchgespült wurde. In der Oberelbe konnten die Algen sich nicht entfalten, im Hafen konnte keine “Sekundärverschmutzung“ auftreten, und belastete Sedimente mussten nicht gebaggert werden, sondern die Elbe transportierte sie kostenlos in die Nordsee.

Doch nun drehen die Oberlieger den Hahn wieder zu. Nur noch 500 Kubikmeter pro Sekunde strömen in den Hafen statt 1.000, wie noch vor zwei Wochen. Im trägen Fluss wuchern Algen, die im Hafen absterben, und dann unter Verbrauch von Sauerstoff zersetzt werden. Die Sauerstoffkonzentration im Hafen ist unter die kritische Grenze von 3 Milligramm pro Liter gefallen.

Wenn die Bundesverwaltungsrichter in Leipzig der verantwortungslosen Propaganda der sogenannten Umweltschützer erliegen, könnten sie das Sauerstoffloch als verbotene Verschlechterung der Gewässerqualität betrachten und deswegen die Elbvertiefung verbieten. Doch die Elbvertiefung ist eine Überlebensfrage unser aller Wirtschaft. Herr Bürgermeister Scholz, nun müssen Sie das Sauerstoffloch zur Chefsache machen! Stoßen Sie ihren Kollegen in den neuen Bundesländern und Tschechien Bescheid, dass der Hafen und sein guter ökologischer Ruf im gemeinsamen Interesse, ja der Verantwortung aller liegen.

Öffnet die Schleusen!
Hoch das Wasser!«

Detaillierte Ergebnisse zum Sauerstoffgehalt im Hamburger Hafen sind hier zum Download [PDF].

Maidemo: Bergedorf gegen Sozialabbau und gierige Konzerne

Maidemo 2013 in Bergedorf
An der Demonstration zum 1. Mai in Bergedorf nahmen rund 400 Gewerkschafter, Initiativen, Parteien und Bürger teil.
Nicht nur das sonnige Wetter, sondern auch der steigende Druck, dem sich immer mehr Menschen in diesem unseren schönen Europa ausgesetzt sehen, brachte gestern unter dem Motto »Gute Arbeit. Sichere Rente. Soziales Europa.« so viele Menschen wie nie zuvor im Bergedorf der Nachkriegszeit auf die Straße. Dem Aufruf des Bergedorfer DGB folgend demonstrierten sie für mehr soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit.

Die Initiativen gegen Fracking in Hamburg und für den vollständigen Rückkauf der Strom-, Gas- und Fernwärmenetze in Hamburg sowie das Bündnis umfairteilen hatten sich der Manifestation angeschlossen und präsentierten ihre Anliegen mit Treckergespannen, die der TOCH inklusive Fahrer solidarisch beisteuerte. Zahlreiche Gruppen wie z.B. die Lehrlinge, attac Bergedorf und aus der Anti-AKW-Bewegung hatten sich ebenfalls angeschlossen.

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Die »Akte Vierlande«

paradoxer Spruch am Gasspeicher Reitbrook.
In Hamburg kennt man paradoxe Sprüche. Im Hintergrund Anlagen auf dem Gasspeicher Reitbrook.
Es ist schon paradox: Da plant ein weltweit operierendes Unternehmen ein teures Projekt in Hamburg - Anfangsinvestition 650.000 Euro -, muss mit seinem Projektantrag auch noch eine Extrarunde drehen, weil die Behörde den ersten nicht akzeptiert, und dennoch ist die »Akte Vierlande« nicht mehr als ein schmales Heft mit 42 Din A4-Seiten.

Am Freitag, dem 22. März 2013, hat die Hamburger Wirtschaftsbehörde, genauer gesagt, die Oberste Hamburgische Bergbaubehörde, weitere Informationen zur »Aufsuchungserlaubnis Vierlande« veröffentlicht, also jene Erlaubnis, die den Vier- und Marschlanden, Wilhelmsburg und Harburg eines Tages Gasbohren und unter Umständen auch Fracking bescheren kann.

Die jetzt veröffentlichte Akte enthält auch jene vier Dokumente, die bereits am 05.02.2013 veröffentlicht worden waren. Es hat nur 3 Monate seit dem Antrag auf Akteneinsicht gedauert, bis jetzt diese halbwegs informative Akte veröffentlicht wurde. Dass der Ablauf in den Bergbehörden bis zum Erlaubnisbescheid anscheinend auch nicht immer von übermäßiger Geschwindigkeit oder gar Hetze geprägt war, lässt sich ohne Weiteres aus der Akte erkennen. In der Zeit zwischen November 2011 und März 2012 scheinen keine dokumentierenswürdigen Aktivitäten passiert zu sein, aus diesem Zeitraum enthält die Akte keine Unterlagen.

Erkennen lässt die Akte auch, dass ein Antrag der ExxonMobil Productions Deutschland GmbH vom 23.09.2011 flugs geändert und am 18.11.2011 neu gestellt wurde: Nicht mehr für 5, sondern für 3 Jahre wollte das LBEG den Arbeitsplan sehen. Außerdem wollte das LBEG, dass eine vorgesehene Bohrung aus dem Arbeitsplan verschwindet.

Aus dem Sommer/Herbst 2012 dokumentiert die Akte länger andauernde Meinungsverschiedenheiten zwischen Umwelt- und Wirtschaftsbehörde. Diese Auseinandersetzung hat, so zeigt die Akte, die federführende Wirtschaftsbehörde schließlich beendet, indem sie dem Widerspruch der Umweltbehörde Irrelevanz bescheinigte:
»... Gesichtspunkte, die möglicherweise einer späteren Gewinnung entgegenstehen, [können] im Erlaubnisverfahren keine Rolle spielen, weil die Erlaubnis nur das Recht zur Aufsuchung von Bodenschätzen gewährt. Daraus ergibt sich auch, dass ein Automatismus Explorationsgenehmigung gleich erfolgreiches Betriebsplanverfahren im Bergrecht nicht vorgesehen ist.«

Dieser signifikante Satz entstammt dem Vermerk, der auch die Stellungnahme der Wirtschaftsbehörde enthält und vom Senator Horch am 26.10.2012 abgezeichnet wurde (Seite 34 ff.). Es offenbart sich damit eine interessante Interpretation des einschlägigen Bundesberggesetzes in Bezug auf den erwartbaren Antrag der ExxonMobil Productions Deutschland GmbH auf Förderbewilligung. Im Gesetz heißt es:
Ȥ 12 Versagung der Bewilligung
(2) Entdeckt der Inhaber einer Erlaubnis zur Aufsuchung zu gewerblichen Zwecken die in dieser Erlaubnis bezeichneten Bodenschätze im Erlaubnisfeld, so darf die von ihm beantragte Bewilligung nur aus Gründen des Absatzes 1 und nur versagt werden, wenn die Tatsachen, die die Versagung rechtfertigen, erst nach der Erteilung der Erlaubnis eingetreten sind.«

Der einschlägige juristische Kommentar (Boldt/Weller 1984) erläutert dazu:
»Mit der Vorschrift des Absatzes 2 soll dem Umstand Rechnung getragen werden, daß dem Erlaubnisinhaber bis zur Entdeckung der Bodenschätze in der Regel finanzielle Aufwendungen entstanden sind. Hinzu kommt, daß die Investitionen vernünftigerweise nur mit dem Ziel getätigt werden, entdeckte Bodenschätze auch im eigenen Unternehmen zu gewinnen. ... Die Behörde hat also nur zu prüfen, ob nach Erteilung der Erlaubnis Gründe eingetreten sind, die eine Versagung der Bewilligung rechtfertigen. Dabei können keine Tatsachen berücksichtigt werden, die in ihren Kontruren bei der Entscheidung über die Erlaubnis bereits erkennbar waren oder bei entsprechender Nachforschung hätten erkennbar sein müssen.«

Außerdem in der »Akte Vierlande« enthalten ist, nun zum zweiten Mal, die Stellungnahme der Umweltbehörde, die das öffentliche Interesse ins Feld geführt hatte:
»Insbesondere aus wasserwirtschaftlichen und naturschutzfachlichen Überlegungen ist die BSU der Auffassung, dass, obwohl der hier vorgelegte Antrag noch keine tatsächlichen Aufsuchungshandlungen umfasst, überwiegende öffentliche Interessen gemäß § 11 Nr. 10 BBergG die beantragte Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen im Erlaubnisfeld Vierlande ausschließen.«

Trotzdem konnte die BSU-Stellungnahme die Entscheidung der Wirtschaftsbehörde, die Aufsuchungserlaubnis zu erteilen, nicht verhindern.

Es folgen noch einige Hinweise:

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